Als wir heute
aufstanden, kam der Hospitalero und brachte Allan sein Portemonnaie. Einer der
Hospitaleros hatte es gestern Abend gefunden und ihm vorbeigebracht. Wir waren
echt froh, dass es wieder da war und es fehlte nichts!
Dann gab es ein
Problem: You- Jin und Allan hatten eigentlich zugesagt, heute mit nach Santiago
zu fahren, hatten sich aber beide dagegen entschieden. Für Allan hatten wir
gestern schon einen "Ersatzmann" gefunden, der mit uns in der
Herberge schlief, aber You- Jin hatte spontan abgesagt und das passte dem
Hospitalero gar nicht. Es stellte sich heraus, dass es seine deutsche Frau war,
die uns nach Santiago bringen würde und sie erklärte mir, dass sie eigentlich
nur dann fahren, wenn mindestens 4 Pilger mitkommen. Sonst würden sie nicht
genug Geld daran verdienen.
Sie nahm ihren
kleinen Sohn mit und erledigte wohl in Santiago immer ein paar Besorgungen und
finanziert sich die Fahrt mit den Pilgern. Keine schlechte Sache, denn wir alle
profitieren davon.
Da You- Jin nun aber
kurzfristig entschieden hatte, erst heute Nachmittag mit dem Bus
zurückzufahren, klang es zuerst so, als wollte die Frau die Fahrt absagen. Ich
hätte dann meinen Bus verpasst. Wir einigten uns darauf, dass wir ein bisschen
mehr bezahlen und fuhren dann los (es war sogar immer noch ein klein wenig
billiger als der Bus). Die Frau erzählte, dass sie sich nach ihrer Pilgerreise
vor einigen Jahren in den Hospitalero verliebt hatte und dann ausgewandert war.
Eine schöne Geschichte und ein schöner Ort, in dem sie gelandet ist. Ich könnte
mir auch vorstellen, hier zu wohnen- Wenn es ein bisschen dichter an Hamburg
liegen würde.
Es wurde ein
schwerer Abschied von Allan. Wir wissen nicht, ob und wann wir uns wiedersehen
werden und es war echt ein schwerer Moment für uns alle.
Alma musste mit aufs Gruppenfoto :) |
Als wir am
Busbahnhof in Santiago abgesetzt wurden, hatte ich noch über eine Stunde Zeit,
bis der Bus kam. Ich kaufte die Postkarte, die ich wie versprochen an Serafin
nach Boadilla del Camino schicken wollte (er hatte mir ja ein neues Handtuch
geschenkt). Hogy würde die Karte später einwerfen.
Als es Zeit für
meinen Bus wurde, liefen wir runter zum Abfahrtsort, an dem schon einige Leute
warteten. Ich hatte eine Pappkiste mit allen Fressalien für die Fahrt, dem
Kuchen für die Kollegen und einen Haufen Getränke. Ich könnte mit der Kiste 2
Wochen lang überleben und freute mich schon, sie neben mir auf den Sitz zu
stellen. Daraus wurde aber nichts, denn der Busfahrer erlaubte nicht, dass ich
die Kiste mit reinnahm. Essen sei im Bus verboten (das hatte ich auf der
Hinfahrt nicht so erlebt, ist aber vielleicht Fahrerabhängig).
Ich musste sie unten
ins Gepäckfach stellen und hatte keine Gelegenheit, etwas rauszuholen. Ich
sehnte mich schon nach der ersten Pause. Da würde ich einiges in den Bus
schmuggeln.
Unauffällige Fressalienkiste |
Der Busfahrer
kontrollierte die Passagierliste und fand meinen Namen nicht. Egal, in welcher
Konstellation wir meinen Namen durchgingen, es gab keinen Eintrag, der meinem
Namen ähnelte. Ich befürchtete, stehengelassen zu werden, wurde dann aber doch
durchgewunken und konnte mitfahren.
Nach relativ kurzer
Zeit (vielleicht 2 oder 3 Stunden) hielt der Bus an einer Straße vor einer
Gaststätte für eine Pause an. Ich hatte leider niemanden, der mir die spanische
Ansage übersetzen konnte, aber da alle den Bus verließen, stieg auch ich aus. Ich
ließ mir meine Kiste geben und bekam große Angst, als der Bus plötzlich
wegfuhr. Ich fand dann aber jemanden, der mir sagen konnte, dass wir eine
Stunde Pause machen würden und der Bus deshalb irgendwo anders parken würde.
Ich sortierte meine
Futterkiste und sammelte die Sachen, die ich während der Fahrt essen wollte,
heraus, sowie die Getränke. Da ich die Jacke von Johannes dabeihatte und die
mir zu groß ist, hatte ich genug Platz, um einiges an Proviant schmuggeln zu
können. Ich lernte in der Pause eine Deutsche kennen, die auch nach dem Pilgern
auf dem Weg nach Köln und in meinem Alter war. Wir unterhielten uns und
verbrachten die kommenden Pausen zusammen.
Zufälligerweise
hatte sie das gleiche Handy wie ich und passende Kopfhörer, die sie mir lieh,
damit ich Musik hören konnte. Ich weiß nicht, warum ich keine Kopfhörer
mitgenommen hatte. Vermutlich war ich wirklich viel zu geizig mit jedem Gramm
Gewicht gewesen (was wiegen die, 10 Gramm?!) und hatte sie einsparen wollen
oder es der Erleuchtung zuliebe gelassen. An die langen Busfahrten hatte ich
gar nicht gedacht.
Muschelbastelei aus der Herberge |
Irgendwann fuhren
wir auf einen großen Rastplatz, an dem unzählige Reisebusse standen. Ein Mann
lief durch den Bus und verteilte lauter bunte Kärtchen.
Ich erfuhr, dass das
hier eine Art Umsteigeplatz war: Die Busse kamen aus verschiedenen Orten,
trafen sich hier und mischten die Passagiere neu, bevor sie weiterfuhren. Ich
bekam ein Kärtchen mit einer Busnummer, den wir draußen suchten. Erst einmal
mussten wir aber lange warten.
Ich glaube 2 Stunden
oder so mussten wir im Rasthof herumsitzen und warten, bis wir unser Gepäck aus
dem alten Bus holen, in dem neuen verstauen und uns Plätze im Bus ergattern
konnten. Es war furchtbar stressig, denn die Leute drängelten und schubsten einander
herum und schmissen ihre Taschen unkontrolliert in das Gepäckfach, obwohl wir
unsere Rucksäcke noch gar nicht rausgeholt hatten. Wir waren total genervt und
froh, als wir endlich im Bus saßen und niemanden neben uns hatten. Wir hatten
unsere Schlafsäcke mit reingenommen, um es uns für die Nacht so bequem wir
möglich zu machen. Leider stiegen immer wieder Leute in den Bus dazu und bald
hatten wir jeder jemanden neben uns. Wir bekamen 2 junge Spanier, die auf dem
Weg nach Deutschland waren und sich dort Arbeit erhofften. Sie konnten kein
deutsch und nur schlecht englisch- Ich hoffe, das sie Erfolg bei der Suche
haben werden.
Im Bus wurde ein
schlechter Film mit animierten Meerschweinchen gezeigt. Ich verstand zwar
nichts, fand die Geschichte aber auch ohne Text doof. Als der Film endlich zu
Ende war, wurde er direkt wieder abgespielt. Ich dachte, ich guck nicht
richtig.
Aber als er dann ein
drittes mal gestartet wurde, bin ich nach vorn und habe den Fahrer gebeten, den
Film auszumachen. Ich habe ihm auf englisch und französisch gesagt, dass der
Film jetzt zum dritten mal läuft es und es langsam nervt. Als ich wieder zu meinem
Platz lief, bekam ich von vielen Fahrgästen zustimmende Blicke und Applaus. Na
immerhin war ich nicht allein genervt. Dennoch lief er ein drittes mal durch.
Es wurde eine
unbequeme und sehr lange Nacht. Der junge Mann neben mir sitzt offenbar gern
breitbeinig, aber vielleicht geht es auch aufgrund seiner Beinlänge nicht anders.
Es schläft sich natürlich auch nicht besonders entspannt, wenn man Angst haben
muss, einem Fremden auf die Schulter zu rutschen und ihn vollzusabbern.
Ich versuchte, mich
nur ans Fenster zu lehnen und bald tat mir alles weh. Die Fahrt zog sich ins
Unendliche und gefühlt war sie das ja auch, immerhin würden wir gut 30 Stunden
unterwegs sein.
Als es hell wurde,
machten wir auch wieder etwas längere Pausen auf Rastplätzen und wir genossen
es, uns die Beine vertreten zu können. So eine lange Busfahrt ist schon echt
anstrengend.
Als wir wieder in
Deutschland waren, landeten wir im Stau und so verzögerte sich unsere Ankunft
am Hauptbahnhof um eine ganze Weile. Ich konnte langsam echt nicht mehr und
wollte endlich aussteigen. Außerdem wartete Johannes bereits am Bahnhof und ich
war schon ganz kribbelig, ihn endlich wiederzusehen.
Ich war richtig
aufgeregt, als wir am Bahnhof einfuhren und ich ihn schon warten sah...