Samstag, 31. Mai 2014

Tag 17: Lorich - Trier

Heute morgen sind wir nach einem ausgiebigen und leckerem Frühstück in Lorich ausgesetzt worden und machten uns mit leichten Rucksäcken auf den Weg nach Trier.
Wir hatten etwa 10 km bis in die Stadt, mussten aber erst einmal ins Tal laufen, um dann einen hohen und recht steilen Berg zu bezwingen. Im Führer stand das so zwar nicht, aber die Markierung war eindeutig.
Wir gingen hinter einer Prozession/ Wandergruppe bergauf und überholten sie, als sie eine Pause machten, um auf die Nachzügler zu warten.
Bergab ging es dann nach Trier- Biewer, vorbei am Jakobusbrunnen und auf die Mosel zu. An ihrem Ufer liefen wir dann einige Kilometer, bis wir an eine Brücke kamen, die uns auf die andere Seite und in die Stadt brachte.
Unterwegs merkte ich, dass meine Wanderhose (c&a, 40€, 1 Tag vor dem Start gekauft) gerade mal läppische 300 km gehalten hat. Zwischen den Beinen sind schon zwei kleine Löcher. Das ist ärgerlich und auch der Grund, warum ich solange keine Hose gekauft habe. Ich will nicht viel Geld in Hosen stecken, die dann nur einen Bruchteil der Reise überstehen. Ich kenne das ja noch von der ersten Reise und in Laden sagte die Verkäuferin, dass das auch bei 200€- Hosen passieren kann. Super.
In Trier liefen wir zuerst zum Dom, besichtigen ihn und waren zwei von vielen Touristen in der Stadt. Es war viel zu voll und stressig, sowohl in der Kirche als auch draußen auf dem Marktplatz und später an der Porta Nigra. Wir schauten uns dennoch im Dom um und ließen auch die heilig Rock-  Kapelle nicht aus, bei der es aber nicht viel zu sehen gibt, solange das (angebliche) Gewand Jesu verschlossen in der Truhe liegt.
Als wir zur Dom- Information gingen, lag vor der Tür ein großer Stein mit einer Jakobsmuschel. Ich setzte Scrat darauf und fotografierte ihn. Als wir reingingen, sah uns ein Mitarbeiter lachend an und meinte, das müsse ich erklären!
Er war ganz aus dem Häuschen, aber wie sich herausstellte, lag es nicht daran, dass Scrat so unglaublich niedlich ist (ist er!), sondern daran, dass sein Kollege ihn für echt gehalten und ihn dann schnell herbeigerufen hatte.
Weil der Mann das alles so witzig fand, bekam Scrat einen eigenen Stempel auf einem Stückchen Papier.
Wir nutzten noch schnell die Toiletten neben dem Haus und als ich wieder heraustrat- Scrat in der Hand- zuckte eine Asiatin erschrocken zurück. Ich muss ihre Sprache nicht verstehen, ich habe auch so erkannt, dass sie ihren Freundinnen gerade erzählte, dass sie dachte, ich hätte ein echtes Eichhörnchen dabei.
Das ist Scrat noch nie passiert und jetzt gleich 2x nacheinander...
Ein Besuch und ein Foto bei der Porta Nigra durften natürlich nicht fehlen. Wir hielten uns aber nicht lange auf, weil der Platz unglaublich voll war.
Da wir beide noch Speicherkarten für unsere Kameras brauchten, gingen wir ins rote Fachgeschäft. Zuerst wunderten wir uns, welcher Depp wohl 7,45€ für eine SD- Karte mit nur 2 GB Speicherplatz ausgibt (wo es doch 16 GB für 9,90€ gibt) und 10 Minuten später standen wir damit an der Ladenkasse. Johannes Kamera ist aus dem Mittelalter oder so und kann nur Speicherkarten bis 2 GB lesen. Na toll.
Nachdem wir unsere Besorgungen erledigt hatten, trafen wir uns spontan mit einer Frau aus unserem Pilgerforum, die gelesen hatte, dass wir in der Stadt sind. Sie lud uns in ein Café ein und wir hatten eine schöne Zeit zusammen. Es ist unter Pilgern irgendwie immer gut, auch wenn man sich eigentlich noch nicht kennt.
Wir schauten uns in Anschluss noch die Basilika an und liefen noch gute 2 km bis zum Treffpunkt mit unserer Gastgeberin.
Auf dem Weg kamen wir an der Kaisertherme vorbei, bzw. was davon noch übrig ist. Es ist schon faszinierend, wenn man überlegt, wie alt manche Bauwerke hier sind. Und was für ein Glück, dass sie den Krieg überlebt haben!
Wir hatten das Gefühl, an jeder Ecke einer historischen Attraktion zu begegnen.
Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, dass wir uns hier so viel Zeit genommen haben.

Freitag, 30. Mai 2014

Tag 16: Minden - Lorich

Der Tag begann mit einem langen Aufstieg über Feldwege und durch Wald. Oben angekommen pilgerten wir einige Kilometer  auf einer Hochebene, auf der uns der Wind um die Ohren pfiff. Es war dadurch sehr kühl, aber die Aussicht auf die Umgebung war wirklich schön. Wird hatten eine weite Sicht und sahen nur Wald, Felder und kleine Dörfer.
Wir trafen heute erneut 4 Rückwärtspilger (die übrigens nicht rückwärts laufen, sondern in die entgegengesetzte Richtung von Santiago laufen, also zurück oder eben rückwärts), kauften ein paar Kleinigkeiten und begegneten einem gefährlichem Wachhund: Er war groß und schwarz und saß auf einem Hof. Als er uns sah, fing er an mit dem Schwanz zu wedeln und freute sich ungemein, als ich ihn heranrief.
Zuerst noch vorsichtig, dann wurde er ganz wild, sprang an uns hoch, ließ sich hinfallen, sprang wieder hoch, rannte zwischen uns hin und her und war einfach nur ultrasüß. Irgendwann kam ein Junge ans Fenster und rief den Hund zurück. Zum Glück, sonst würde ich da jetzt noch stehen.
Johannes hat aus den Tagen mit Daniela etwas gelernt: Er brauchte Taschentücher und als irgendwann eine Packung auf dem Waldweg lag, hob er sie auf, blickte sie an und steckte sie ein. So etwas wäre ihm vorher nicht eingefallen. Der Weg gibt einem, was man braucht, man muss aber auch bereit sein, es anzunehmen.
Der. Weg war heute wirklich schlecht markiert. Und dann ging es wieder durch eine Baustelle. Wie mussten immer weiter stehen bleiben und im Führer nachlesen, wo wir langmüssen. Das kann ganz schön nerven.
Auf dem Berg vor Butzweiler konnten wir das erste mal Trier sehen. Es waren noch etwa 15km, aber wir liefen nur bis Lorich, weil in Trier Jakobusabend war und wir dort hinwollten.
Zudem müssen wir eventuell ein paar Tage totschlagen, bis der Führer für den Weg nach Le Puy ankommt.
In Lorich wurden wir von einer Freundin von Johannes abgeholt, duschten und fuhren in die Stadt. Wir besuchten die katholische Messe in St. Gangolf (wusstet ihr von seinem Furzwunder?) und empfingen im Anschluss den Pilgersegen.
Hinterher fand noch der Stammtisch statt, bei dem wir einige nette Gespräche führten und den Führer, der uns fehlt, geschenkt bekamen. In knapp zwei Wochen erscheint der neue Führer und dann brauchen sie den alten nicht mehr.
Normalerweise werden Bücher vom Büchertisch nicht weggegeben, aber für uns wurde eine Ausnahme gemacht.
Wir erfuhren aber gleichzeitig, dass der Führer von 2009 ist und die Wegführung sich inzwischen stark verändert habe. Es entstanden einige Diskussionen über die Routen, über die Führer, über die Karten und am Ende gingen wir verwirrt und verunsichert raus.
Ein schnelles Essen bei Subway im Anschluss und dann fuhren wir bald zurück in unser Quartier.
Morgen haben wir dann einen ganz kurzen Tag und laufen mit leichtem Gepäck nur etwa 10 km bis nach Trier und schauen uns dann diese sehenswerte Stadt in Ruhe an.

Donnerstag, 29. Mai 2014

Tag 15: Nusbaum- Minden

Als wir heute morgen die ersten 2,5 km hinter uns hatten und vor Danielas Unterkunft standen, versuchten wir in den Garten zu blicken und herauszufinden, ob sie vielleicht noch da war. Eigentlich war es zu spät, das wussten wir, aber dennoch. Wir sahen auch nichts und sie war sicher schon unterwegs.
Wenige Meter hinter dem Haus kamen uns zwei "Rückwärtspilger" entgegen, die uns Grüße von Daniela ausrichteten.
Wir liefen heute lange bergauf und durchwanderten dann den schönsten Abschnitt, den wir bisher hatten. Es ging durch einen Wald mit vielen Felsen. Sie lagen einzeln im Wald oder standen als riesige Wände neben uns. Sie sahen wild aus und hübsch und alt.
Wir entdeckten ein Schild zu einer Höhle, die der Autorin unseres Pilgerführers entgangen sein muss. Eine Höhle, in der Menschen im 30jährigen Krieg Zuflucht gesucht haben. Wir kletterten zum Eingang und sahen hinein. Ein schmaler Spalt zwischen zwei riesig hohen Felsen, gerade breit genug, dass man sich seitlich hineinschieben kann. Johannes ging mit der Stirnlampe auf dem Kopf voraus und ich kann nach, als ich sah, dass er es überlebt hatte. Die Höhle war eng, feucht, etwas gruselig und spannend. Besonders weit kamen wir aber nicht hinein, weil dann Felsen im Weg lagen. Ob von der Natur oder Menschen dahingewuchtet wissen wir nicht.
Wir genossen den Marsch durch diesen tollen Wald und kamen danach an die Sauer, dem relativ breiten Grenzfluss zu Luxemburg. Hier trafen wir auch Daniela wieder und setzten uns zu ihr ans Wasser. Ich steckte meinen Kopf ins Wasser und wusch meine Haare.
Gestern konnten wir uns nicht waschen, weil die Waschbecken in Nusbaum sehr klein waren und es kein warmes Wasser gab.
Zu dritt liefen wir einige Kilometer an der Sauer entlang und genossen es, am Wasser zu sein. Dann überquerten wir den Fluss und damit die Landesgrenze und erreichten bald Echternach.
Einmal durch die Einkaufsstraße und dann liefen wir eigentlich schon wieder nach Deutschland und machten uns auf zum Endspurt nach Minden.
Es ging lange bergauf, aber der Weg wurde uns von kleinen Erdbeeren versüßt, die am Wegesrand wuchsen.
In Minden trennten sich die Wege von Daniela und uns wieder. Sie wollte noch ein paar Kilometer laufen, um morgen zeitig in Trier zu sein und wir wollten uns den Anstieg, der sich über 7 km ziehen sollte, für morgen aufheben. Mit dem Knie wäre das auch nicht so gut gewesen, am Ende noch so einen Anstieg zu laufen.
Wir checkten bei einem Mini-Campingplatz ein, der eigentlich nur aus einer Wiese am Fluss bestand. Sehr niedlich und die Wiese war sehr abschüssig. Wir bauten unser Zelt auf, duschten und gingen nach nebenan in ein Kneipenähnliches Restaurant mit günstigen Preisen. Dort gab es sogar einen WLAN-hotspot, den ich gleich dazu nutzte, ein paar Blogartikel hochzuladen. Das Tablet hatte ich ja ohnehin dabei, wie alle Wertsachen. Johannes packte seine Wertsachen auf den Tisch und das waren: Smartphone, Brustbeutel mit Papieren und Geld und: sein neues Taschenmesser. Männer und ihre Definitionen von Wertgegenständen...
Nachdem wir nun endlich unsere warme Mahlzeit bekommen hatten, gingen wir glücklich zu Bett.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Tag 14: Ammeldingen - Nusbaum

Wir brachen  heute relativ früh auf, weil wie ja nicht wussten, wie lange wir beim Arzt sitzen würden. Wir liefen die 5 km nach Neuerburg und füllten am Ortseingang unsere Vorräte auf. Auch eine Frust/ Partycola durfte nicht fehlen. Den Anlass der Flasche würde der Arzt bestimmen.
Auf dem Weg zum Krankenhaus kamen wir mit einer älteren Dame ins Gespräch, deren Mann den Jakobsweg auch schon von zu Hause aus gelaufen ist. Danach holten wir uns unseren Stempel für den Pilgerausweis.
Im Krankenhaus angekommen, bekam ich erst eine Zusage, behandelt zu werden, bin bei der Anmeldung in der Praxis aber direkt abgewiesen worden. Da müsse doch kein Fachmann ran, ich solle mir lieber einen Hausarzt suchen.
Etwas frustriert zogen wir ab und ich fragte beim Orthopädiefachmann im Laden, ob er einen Arzt empfehlen könne. Konnte er und es war gleich um die Ecke. Ich wurde direkt aufgenommen und musste hat nicht man so lange warten.
Die Ärztin drückte, dehnte, streckte, drehte und verdrehte mein Bein, bis klar war, dass ein Innenband überlastet ist. Es war gar nicht so leicht herauszufinden, da mein Knie nach den 5 km noch nicht besonders schmerzte und sie erst lokalisieren musste, wo es genau herkommt.
Ich bekam eine Bandage verschrieben, die ich mir beim Orthopädiefachmann im Geschäft abholte.
Das Teil ist eigentlich zu schwer für meine Packliste, aber man kann es nicht ändern. Immerhin sitzt die ganz gut.
In den nächsten Tagen soll ich etwas weniger laufen (noch weniger? Wir haben jetzt schon einen gemütlichen Durchschnitt von 21km pro Tag), abends Ibuprofen einwerfen und meine Diclofenacsalbe draufschmieren. Wird gemacht, hilft dann auch bitte.
Als wir aus der Praxis kamen, liefen wir zum Ortseingang zurück, denn unserem Führer zufolge kommt man in Neuerburg durch den schönsten Park auf der gesamten Via coloniensis!
Gut, da dies unseres Wissens nach der erste und letzte Park ist, durch den wir laufen, gönnen wir den Neuerburgern diesen Titel.
Er war dann auch ganz hübsch anzusehen.
Im Park gab es eine lange Rutsche und Johannes hat es sich nicht nehmen lassen, sie zu nutzen.
Ich habe mit meinem Knie lieber darauf verzichtet. Die Ärztin war zwar nett, aber ich wollte da nicht noch einmal hin.
Wir telefonierten etwas herum, auf der Suche nach einer Unterkunft, fanden aber nichts und beschlossen, in Nusbaum einfach mal herumzufragen, wenn wir da waren.
Wir hatten Lust, etwas warmes zu essen und schauten uns um. Es gab vieles zur Auswahl und wir entschieden uns für die "Bratwurst im Brötchen mit Farmersalat" für 2,30€. Es war lecker, aber kalt. Denn es handelte sich um eine Bratwurstschnecke und der Salat war auf dem Brötchen drauf. Von einer warmen Mahlzeit müssen wir also weiterhin träumen.
Der weitere Weg war sehr hübsch und wir liefen bergauf und bergab bis nach Nusbaum. Ich trank meine Cola, die glücklicherweise eine Partycola war, da ich ja weiterlaufen darf.
Wir genossen hübsche Aussichten, sahen viele Kühe und kamen am frühen Abend in Nusbaum an.
In der Kirche gab es keinen Stempel, den sollte man sich im Haus gegenüber abholen. Wir waren noch gar nicht an Haus angekommen, da öffnete sich die Tür und ein alter Mann kann heraus und gab und zwei Papierchen. Da die Nusbaumer keinen Stempel besitzen, drucken sie das Motiv auf Klebepapier. So können die Pilger sich den Stempel in den Pass kleben. Niedlich.
Wir fragten, ob er jemanden wisse, in dessen Garten oder auf dessen Land wir unser Zelt stellen könnten. Seine Frau erlaubte uns prompt, vor der Kirche zu zelten und die Toiletten im Dorfgemeinschaftshaus könnten wir auch benutzen, die seien immer zugänglich. Sie wollte den Bürgermeister fragen, ob wir auch auf dem Grundstück dort zelten dürften, erreichte ihn aber nicht.
Wir gingen rüber, ruhten uns aus, spielten auf dem Spielplatz, aßen zu Abend und erfuhren, dass Daniela 2,5 km vor uns bei den Leuten untergekommen war, die uns mittags abgesagt hatten. Wir hätten da auch zelten dürfen, aber das wussten wir nicht. Am Telefon ging es wohl nur um das Zimmer in deren Haus. Na egal, wir hatten hier sogar Strom, denn es gab 4 Steckdosen unter einem Vordach.
An Abend trafen wir den Bürgermeister an, der uns erlaubte, im Garten den Dorfgemeinschaftshauses das Zelt aufzubauen. Er machte uns vorher zwar, wie auch die Anderen, darauf aufmerksam, dass im Ort Zimmer vermietet würden, aber das wollten wir so oder so nicht in Anspruch nehmen. Deshalb bekamen wir dann auch die Erlaubnis, da er ja niemandem das Geschäft durch sein OK streitig machte.

Dienstag, 27. Mai 2014

Tag 13: Nimsreuland- Ammeldingen

Meine Konstruktion aus den Stühlen war wirklich gemütlich. Leider konnte ich wegen der Schmerzen im Knie nicht gut schlafen. Abends tut es weh und morgens scheint dann alles wieder in Ordnung. Ich werde aber lieber etwas tun und nicht abwarten, ob oder bis es schlimmer wird.
Schmerztabletten möchte ich nicht nehmen, da ich dann nicht mitbekomme, welche Signale mein Körper mir sendet oder wenn er mir seine Grenzen aufzeigt.
Ich versuchte das Knie vor dem Start laienhaft zu tapen und wickelte einen Verband darum. Eine Mischung aus Schwachsinn und Bandagenersatz.
Wir räumten den Saal wieder auf, fegten durch und aßen den Kuchen, den wir gestern bekommen hatten, zum Frühstück. Dann brachen wir auf zum Haus des Bürgermeisters, um uns den Stempel zu holen und uns erneut zu bedanken. Vor seinem Haus saß ein Hund, der bellte und  knurrte, als wir und näherten. Wir beschlossen, dass uns unsere Waden zu wichtig waren, als dass wir das Risiko einzugehen würden zu erfahren, ob der Hund sein Revier gewissenhaft verteidigt oder nur so tut.
Deswegen riefen wir den Bürgermeister an, der uns die Tür öffnete und nachdem der Hund sah, dass wir keine Feinde waren, durfte ich gar nicht mehr aufhören ihn zu kraulen (ich bekam jedes mal einen hundetypischen Blick, wenn ich es ohne sein okay tat).
Das Wetter heute war wieder nicht besonders schön. Es war grau, bedeckt und es regnete immer wieder. Und es ging lange Zeit bergauf.
Unter dem Poncho schwitzten wir dabei wieder mal sehr.
Wir kraxelten den Berg herauf bis zu einer Marienstatue, die einige Meter hoch war und das vor ihr liegende Tal überblickte. Das Laufen mit dem Tape ging erstaunlich gut, aber den Verband wickelte ich bald ab, weil er nur in die Kniekehle rutschte und mich ärgerte.
Nach einer ausgedehnten Frühstückspause und ein paar Rätseln, die wir uns gegenseitig stellten, machten wir uns an den steilen Abstieg nach Waxweiler. Der hatte es wirklich in sich und zog sich in die Länge. Im Ort ging ich in die Apotheke und fragte nach einer Bandage. Sie hatten aber nur eine bezahlbare auf Lager und die saß total schlecht. Die teuren solle ich lieber über ein ärztliches Rezept holen oder mein Knie mit Kinesiotape bekleben.
Da die Dame in der Apotheke mir aber überhaupt nicht sagen konnte, wie ich mein Knie tapen soll (im stehen oder sitzen, längs oder quer, vielleicht über kreuz?!) habe ich mir die 10€ lieber gespart und wollte nur alubedampfte Kompressen mitnehmen. Später merkte ich, dass sie mir da vermutlich was falsches angedreht hat.
Wir liefen also unverrichteter Dinge weiter und machten nur einen kleinen Stopp im Edeka, denn Johannes brauchte noch Schokolade.
Der nun vor uns liegende Weg war unglaublich blöd, weil dort gerade an den Wanderwegen gearbeitet wird. Wir liefen also kilometerweit in Baggerspuren, durch Matsch und über Steinhaufen. Noch dazu bergauf. Ich habe aber ein paar Bilder gemacht, damit ich später beim Fotos zeigen keine zu romanische Sicht auf die Wege gebe.
Wir erreichten ein kleines Dorf mit Bauernhöfen und streichelten kleine Kälber. Die waren so niedlich und ich hätte ewig stehenbleiben können.
In einem Haltestellenhäuschen verbrachten wie unsere letzte Pause und zogen dann weiter nach Ammeldingen. Dort hatten Johannes und ich für heute unser Quartier gebucht.
Wir betraten den Dachboden des Selbstversorgerhauses Erlenhof und ich fühlte mich direkt nach Spanien versetzt: Ein großer Raum und viele Matratzen. Richtiges Herbergsfeeling. Der Besitzer des Hauses wohnt in Düsseldorf und hatte dummerweise die Schlüssel für das Bad bei sich.
Wir sollten versuchen, die Tür mit einem Draht zu knacken, aber keiner von uns besaß genügend kriminelle Energie dafür.
Wir können aber im anderen Teil des Hauses duschen und zur Toilette. Dort wohnt zwar gerade eine Familie, deren Fertigstellung des Hauses sich verzögert und die übergangsweise hier untergekommen ist, aber die sind sehr freundlich und haben damit kein Problem. Die Frau hat uns sogar eine Packung Brot geschenkt und angeboten, dass wie nochmal kommen können, wenn uns irgendetwas fehlt. Hier im Dorf gibt es nämlich mal wieder kein Geschäft.
Daniela begleitete uns noch in unsere Herberge, zog aber weiter, weil sie ja ohne Geld pilgert und wir hier jeder 5€ zahlen.
Den Abend verbrachten Johannes und ich auf den Matratzen herumliegend, surfend (wir haben endlich mal wieder Empfang) und schreibend.
Außerdem mit der Planung des morgigen Tages. Denn mein Knie tut heute Abend so weh, dass ich unbedingt zum Arzt möchte, bevor ich mir da etwas kaputt mache.
Wir fanden heraus, dass es in Neuerburg, 5km von hier, einen Orthopäden im Krankenhaus gibt und da werden wir morgen versuchen, drangenommen zu werden. Bis Trier warte ich lieber nicht.

Montag, 26. Mai 2014

Tag 12: Wald- Nimsreuland

Heute morgen war ich früh wach. Erst konnte ich nicht schlafen, weil ich starke Schmerzen im linken Knie hatte und dann war die Nacht relativ warm und dann von ich irgendwie dauernd aufgewacht.
Gegen 7 Uhr standen wir auf und packten unsere Sachen.
Leider wurden wir dabei von einem leichten Nieselregen begleitet.
Also packten wir zügig, warfen uns die Ponchos über und starteten in einen neuen Pilgertag.
Nach etwa 7 km erreichten wir Prüm. Im Krankenhaus fragten wir in der Küche, ob sie noch etwas zu essen vom Frühstück übrig hätten. Sie hatten nicht nur das, sondern auch ein großes Herz für Pilger.
Alle Mitarbeiter grüßten uns, fragten ob wir noch etwas brauchen würden und interessierten sich für uns.
Der Vater einer Frau ist den Weg im letzten Jahr gepilgert und seine Tochter erzählte begeistert davon.
Wir bekamen Brote, Butter, Ausschnitt und Äpfel und Birnen.
Auch Kaffee und Tee wurden uns angeboten. WOW!
Wir zogen glücklich mit frischen Broten in der Hand los, um uns auf den folgenden Kilometern dauernd zu verlaufen.
Von dem tiefen Krater, den eine Explosion hinterlassen hat, sahen wir somit auch nichts.
In einem großen Bogen liefen wir in den Ort hinein und machten Stopp an der Jugendherberge, um unsere Telefone aufzutanken.
Wir durften uns setzen und versuchten, eine Unterkunft für die Nacht zu organisieren. Zuerst riefen wir einen Herren aus der Prümer Baptistengemeinde an, der mich aber unfreundlich abwimmelte. Mehr Glück hatten wir im Pfarramt der Katholiken. Die Frau am Telefon gab uns die Telefonnummer des Bürgermeisters von Nimsreuland (unser angestrebtes Etappenziel) und wenn der uns nicht weiterhelfen könne, würde sie sich darum kümmern, dass wir einen Ort vorher im Gemeindehaus unterkommen.
Den Bürgermeister erreichten wir leider nicht und machten erst einmal die Betten für morgen klar.
Nachdem die Akkus wieder ein bisschen voller waren, liefen wir ins Zentrum. Auf dem Weg hielt ein Auto an, der Fahrer lachte uns an und rief "Weit seid ihr ja noch nicht gekommen!"
Wir hatten ihn gestern Abend im Wald getroffen und er hatte und natürlich gleich wiedererkannt.
Wir besuchten die Kirche und holten uns den Stempel für den gestrigen Tag ab. Bevor wir uns an den steilen Aufstieg machten, gingen wir noch einkaufen und füllten unsere Vorräte ein klein wenig auf. Brot wollten weit ein paar Orte weiter besorgen. Oben auf dem Berg versuchten wir noch einmal, den Bürgermeister zu erreichen und hatten Glück: Er bot uns direkt das Dorfgemeinschaftshaus an, in dem wir gern schlafen könnten. Duschen gebe es zwar nicht, aber Waschbecken und eine Küche. Wir waren begeistert, denn mehr brauchen wir ja nicht.
Von dem Dorf trennten und jedoch noch einige Stunden Fußmarsch. Der Weg führte uns durch die Schönecker Schweiz, in der unglaublich viel Bärlauch wuchs. Sehr viel. Er war überall.
Daniela sammelte einiges für unseren Salat ein.
Wir wanderten lange an einem Flüsschen entlang und durch einen hübschen wilden Wald. Dieser Abschnitt war wirklich ein Genuss.
In Schönecken liefen wir an einem Haus vorbei, dass ein echter Lost place ist: Die Fenster waren völlig verschmutzt, es sah unbewohnt aus und die Tür war offen. Wir wagten einen Blick hinein und sahen eine verwüstete Wohnung. Überall lagen Sachen herum, alles hatte einen grauen Staubüberzug und wir wussten nicht, ob wir in einer Wohnung oder einem alten Geschäft standen, denn es lagen überall Farbtöpfchen und Bilder mit D-Mark-Preisschildern verstreut.
Es waren viele bemalte Kacheln mit Pferden drauf und die sahen echt gut aus.
Als ich hundert Meter weiter in der Tankstelle auf Toilette ging (hier ist das wohl beste Tankstellenklo Deutschlands), fragte ich in die Runde, ob jemand etwas über dieses Haus wisse. Ein Kunde erzählte, dass in der Wohnung ein alter Mann gelebt habe, der viel gemalt und gebastelt hat. Irgendwann vor 10-15 Jahren ist der Mann verstorben und weil sich kein Interessent für die Wohnung fand, kümmerte sich auch niemand darum.
Nachdem Johannes sich die Burg angeschaut hat, liefen wir zum Geschäft, um Brot zu kaufen.
Daniela fragte vorher in einer Bäckerei, kann aber erfolglos wieder.
Im Edeka entdeckte ich eine weitere Bäckerei und fragte, ob sie Brot hätten, das heute Abend weggeworfen würde. Die Verkäuferin verneinte. Sie hätten nur noch Brötchen, aber die lägen schon zum reduzierten Preis aus. Kurz danach kam eine andere Verkäuferin und drückte uns eine der Brötchentüten in die Hand. Wir kauften noch etwas Schokolade und versuchten dann, wieder auf den Jakobsweg zu finden. Den hatten wir verlassen um zum Laden zu kommen, der Führer schweigt aber über Wege zu Geschäften. Wer Hunger hat, muss den Weg allein finden.
Ich fragte drei Männer, die auf der anderen Straßenseite saßen und die konnten und helfen. Sie wollten ein bisschen was über unsere Reise wissen und Willi hätte uns gern zum Essen eingeladen, aber weil er noch im Dienst war, ging das nicht. Also schenkte er uns 10€ mit der Bitte, in Santiago für ihn zu beten. Zwar sagte er das mit einem "etwas Spaß muss sein", aber er gab mir auch seine Visitenkarte mit, damit ich mich an seinen Namen erinnere.
Als wir die letzten Kilometer des Tages antraten, ging es noch mal ordentlich bergauf und plötzlich erinnerte sich die Sonne daran, dass sie ja auch scheinen kann. Das tat sie dann so voller Inbrunst, dass wie anhalten und unsere Pullis ausziehen mussten.
Etwa 2,5 km vor dem Ziel riss der Riemen von Danielas Wandersandale und wir drosselten unser Tempo. Im Ort angekommen liefen wir zum Dorfgemeinschaftshaus, in dem gerade umgebaut wird. Dadurch waren einige Dorfbewohner da, um uns zu empfangen.
Alle waren sehr freundlich und locker drauf. Wir durften drinnen schlafen oder auf der Wiese zelten. Wir entschieden uns für drinnen.
Da es nur einen harten Kachelboden, aber weiche Stühle gab, schob ich dir Stühle aneinander und baute mir daraus ein Bett. Wir wuschen unsere Kleidung und hingen sie an Karussell zum trocknen auf. Daniela zauberte zum Abendessen einen leckeren Salat aus Eisbergsalat, Bärlauch, Gurken, Tomaten und Spargel. Sie hatte nur Meersalz zur Verfügung, nutzte aber noch unsere Nüsse mit Honig-Salz-Würzung und das ergab ein echt gutes Dressing.
Wir genossen unser Mahl im Garten und unser Glück.
Ein Nachbarskind spielte die ganze Zeit im Garten mit einigen Spielgeräten und brachte uns zwei kleine Molche aus seinem Gartenteich, die wir lange beobachteten und auf die Hand nehmen durften. Als die Kinder ins Bett mussten, bekam Daniela von der Mutter noch eine aufblasbare Matte für die Nacht.
Später saßen wir vor dem Haus am Tisch und als die Männer Feierabend machten, setzte sich einer noch zu uns und wir unterhielten uns. Er verabschiedete sich und ich ging mich am Waschbecken waschen. In der Zwischenzeit brachte der Mann Rhabarberkuchen, 3 Tafeln Schokolade und 3 Äpfel vorbei.
Was werden wir gut versorgt!

Sonntag, 25. Mai 2014

Tag 11: Waldorf- Wald vor Gondenbrett

Heute sind wir zusammen mit unserer neuen Pilgerfreundin Daniela gelaufen. Es ging über Wege mit hübschen Aussichten bergauf und bergab. An einem Flüsschen mit Rastplatz legten wir unsere Frühstückspause ein und Daniela wusch sich im Fluss die Haare.
Nach wenigen Kilometern liefen wir an zwei Damen vorbei, die gerade eine Pause machten und ich erkannte richtig, dass wir die beiden Pilgerinnen vor uns hatten, die wir schon aus den Gästebüchern kannten. Wir freuten uns, einander zu begegnen und liefen gleich zusammen weiter. Gestern Mittag noch fühlte ich mich so einsam auf diesem Weg und heute pilgern wir zu fünft!
Die beiden Frauen kommen aus Flensburg und laufen 2x im Jahr ein Stück des Weges. Mit Daniela haben sie sich viel über essbare  Pflanzen unterhalten und wir haben einiges probiert. Da ich mich da überhaupt nicht auskenne, war fast alles neu für mich. Aber geschmeckt hat es.
Als wir gerade in einem Dorf am Wegesrand standen und etwas probierten, das nach Knoblauch schmeckte, zog eine Gruppe Kinder und Teenies an uns vorbei und wunderten sich laut darüber, dass wir "Gras essen".
In Kronenburg endete die heutige Etappe der Flensburgerinnen und wie zogen zu dritt weiter. Zuerst machten wir Halt an einem Haus, wo die Bewohner ein Pilgercarport errichtet hatten. Deko, Sitzgelegenheiten und einen eigenen Stempel gab es hier. Danach liefen wir hoch zur Burg und genossen die Aussicht.
Der weitere Pilgerweg führte bergab, vorbei an einem Haus mit Jakobsmuschel. Je dichter wir an Trier herankommen, desto mehr scheint den Menschen bewusst zu sein, dass sie am Jakobsweg leben.
Vor einem Haus in der Nähe des Kronenburger Sees ist ein Bereich vor dem Haus dem Pilgerweg gewidmet. Ein Schild zeigt die Entfernung nach Santiago an (bestenfalls Luftlinie) und Muscheln waren dekorativ dazu angebracht.
Nach einem langen und harten Anstieg machten wir eine Pause im Wald und aßen unser Mittag. Johannes und ich ernähren uns derzeit hauptsächlich von Brot, Obst und Nüssen, manchmal gibt es noch Schokolade.
Daniela isst, was immer sie bekommt und zauberte sich einen leckeren Salat. 
Heute ist es recht warm und wir haben alle kurze Klamotten an, so bemerkte ich irgendwann zweit zwei kleine Zecken an meinem Bein. Wir untersuchten uns alle etwas genauer und waren voll von diesen Biestern. Daniela, die auf dem Boden gesessen hatte, hörte irgendwann auf zu zählen, so viele hatten ihren Körper erklommen.
Wir beendeten unsere Pause spontan und liefen weiter. Durch den Wald und über Feldwege ging es weiter, bis wir an eine Konstruktion kamen, aus der Wasser wie aus einer Dusche auf den Schotterweg plätscherte.
Daniela nutzte die Gelegenheit zum Duschen und ich bin kurz zur Abkühlung durchgelaufen.
Über Feldwege kamen wir nach Ormont, wo wir unsere Wasserflaschen auffüllen wollten. Wir fragten an einem Haus, vor dem zwei Menschen standen und der junge Mann füllte all unsere Flaschen auf. Als Daniela nach einer Tomate fragte, kam er mit einer Tomate und drei Äpfeln wieder. Wir unterhielten uns eine Weile und als er noch einmal ins Haus ging, brachte er hinterher noch einmal 3 Äpfel und eine Tomate mit. Zwischendurch fragte seine Mutter, ob wir Cola und später, ob wir Kaffee möchten.
Ich bin immer wieder begeistert, wie freundlich und hilfsbereit die Menschen sind.
Wir liefen weiter und aus dem Ort heraus. Nach einigen Kilometern auf einem Trampelpfad neben der Landstraße, bei dem wir über einige Bäume klettern mussten, machten wir eine Pause an einem Rastplatz, aßen unser Abendbrot und putzten uns die Zähne. Wir hatten beschlossen, heute Nacht zu zelten.
Wir liefen weiter, auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen für zwei Zelte.
Da wir uns aber so gut unterhalten hatten und alle noch fit genug waren, beschlossen wir, noch eine Weile zu marschieren. Als wir den Wald verließen und nun an dessen Rand wanderten, machten wir uns aber doch daran, ein Nachtlager zu suchen.
Wir entdeckten eine leicht erhöhte Wiese direkt am Weg mit herrlich weichen Gras und beschlossen, dass dieses Stückchen Land für heute Nacht unsere Heimat sein sollte.
Da wir nicht im Wald, sondern am Rand waren, hatten wir eine schöne Sicht in das grüne Tal.
Wir richteten und in den Zelten ein und legten und recht bald schlafen.
Etwa 30 Kilometer sind wir heute gepilgert und die merkt man abends dann doch.

Samstag, 24. Mai 2014

Tag 10: Engelgau - Waldorf

Wir haben unser erstes kleines Camino- Wunder erlebt!
Heute morgen haben wir gemütlich in unserer Ferienwohnung gefrühstückt und sind dann in den Regen aufgebrochen. Die ersten zwei Stunden plätscherte es ein bisschen, aber dann klarte der Himmel immer mehr auf. Wirklich warm wurde es zwar nicht, dafür aber windig.
In einer kleinen Kapelle im Wald, gleich hinter unserem Übernachtungsort, holten wir uns unseren Stempel für den Ausweis.
Im Gästebuch lasen wir von zwei Pilgerinnen, die vor uns laufen. Ob wir die noch kennenlernen werden? Wir trugen uns auch ein, damit die Pilger, die hinter uns laufen (sofern es welche gibt) von uns erfahren.
Danach ging es lange durch die Natur, bis wir Blankenheim erreichten.
Dort kauften wir in der Bäckerei Brot, Aufschnitt, Cola und süßes Gebäck. Morgen sind die Geschäfte geschlossen und wir müssen bis Montag damit auskommen. Im Ort machten wir dann eine Pause und 2 belgische (?) Paare standen minutenlang um ein Pilgerhinweisteil herum und diskutierten irgendetwas. Als sie weitergehen wollten sahen sie uns auf der Bank sitzen, zeigten auf das Teil, auf uns und wieder auf das Teil. Sichtlich überrascht, gleich Pilger zu entdecken. Wir haben uns auch noch kurz mit ihnen unterhalten.
In unserer Planung für die Übernachtung waren wir noch nicht weiter, deswegen fragten wir in der Touristeninfo nach Unterkünften und Campingplätzen in der Gegend, in der wir heute enden wollten und bekamen nur die Adressen von zwei Ferienwohnungen mit, die uns jedoch zu teuer waren. Uns wurde aber zugesichert, dass die Menschen in Waldorf alle ganz nett (und miteinander verwandt) sein sollen. Das würden wir schon was finden.
Durch den Schlenker über die Bäckerei haben wir uns den hohen und steilen Aufstieg zur Burg im Ort gespart und haben ihn auch nicht nachgeholt, weil wir dort wohl nichts (abgesehen von Schweißperlen) verpassten: Die Burg ist heute eine Jugendherberge und von einer tollen Aussicht hätte uns der Führer berichtet.
Hinter Blankenheim haben wir uns dann versehentlich gleich vor dem zweiten Aufstieg gedrückt, da wir eine Abzweigung verpasst haben (die Beschilderung ist hier zwar besser als bis Bonn, aber bei Weitem nicht lückenlos) und dann einen Kilometer später ohne Anstieg wieder auf dem richtigen Weg landeten.
Wir haben heute wieder viele Pferde gesehen und einige davon waren ganz neugierig und ließen sich anfassen. Die Tiere haben hier riesige Flächen zum austoben, richtig schön.
Weiter ging es über Feldwege und an der Landstraße entlang nach Waldorf und unsere Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit begann. Zuerst besuchten wir die kleine Kirche und versuchten, den Pfarrer zu erreichen. Der ging aber nicht ans Telefon. Danach nahmen wir uns vor, bei der Ferienwohnung anzufragen, ob wir im Garten zelten dürften und wenn das nicht ginge wollten wir erfragen, an wen wir uns wenden konnten.
Wir hatten großes Glück: Die Frau war zu Hause, was nicht selbstverständlich war und dann erlaubte sie uns auch sofort, in ihrem Garten zu zelten. Im Gespräch ergab es sich dann, dass sie uns die Ferienwohnung für nur 15€ anbot- Also für uns beide zusammen! Wenn wir in den Schlafsäcken schlafen würden. Da haben wir nicht lang gezögert und zugesagt.
Was wir nicht wussten: Die Ferienwohnung ist riesig. 80qm groß, ein riesiges Bad, Wohnzimmer, Küche, und und und. Normalerweise machen hier ganze Familien Urlaub. Und normalerweise vermietet sie die Wohnung auch nicht nur für eine Nacht.
Wir sind Glückskinder!
Als wir uns eingerichtet hatten, meinte ich zu Johannes, dass hier ja locker noch ein paar Pilger Platz hätten und dass es so schön wäre, wenn noch welche kommen würden. Da aber kein Pilger in einem solchen Haus mit uns rechnen würde, müsste man sich eigentlich auf den Balkon setzen, der zum Pilgerweg rausführt. Aber dazu war es heute zu kalt und zu windig.
Also sagte ich, dass ich jetzt immer an Fenster gucken würde. Habe ich aber natürlich nicht. Wir haben zu Abend gegessen und den Fernseher angeschaltet. Als gerade Werbung war, wollte ich etwas zu trinken holen (und jetzt kommt endlich das kleine Wunder) und ging vorher an der Balkontür vorbei und in dem Moment-kein Scherz!- lief eine Pilgerin vorbei.
Ich bin natürlich sofort auf den Balkon gegangen und habe sie gerufen und gefragt, ob sie nicht ein Nachtlager sucht. Es war inzwischen auch nach 19.30 Uhr, also wurde es langsam Zeit.
Und jaa, sie suchte! Da sie ohne Geld pilgert und zeltet, hätte sie noch etwa 5 km laufen müssen, bis sie den Wald erreicht hätte. Und eigentlich war sie fertig und wollte nicht mehr.
Die Hausbesitzerin erlaubte ihr, kostenlos im Garten zu zelten und auch, dass sie noch mit zu uns nach oben kam.
Ich war und bin ganz aus dem Häuschen. Sowas ist doch kein Zufall!
Wir leihten unserer ersten Pilgerbekanntschaft unsere Isomatten und sie wird heute wie auf Wolken schlafen, da sie selbst nur eine dünne Alumatte dabei hat.
Wir setzten uns in unser Wohnzimmer und unterhielten uns. Auf dem Balkon bemerkte ich einen bedröppelten Vogel (Amsel? Star?), der nicht wegfliegen konnte und schwer atmete.
Wir stellten ihm Wasser hin (einfach, um etwas zu tun) und ließen ihn erst mal in Ruhe. Vielleicht war er gegen die Scheibe geflogen und musste sich erst wieder sammeln?
Als ich nach einer Stunde noch mal auf den Balkon gehen wollte, flog er aber glücklicherweise weg. Wir hatten schon Angst, dass ihm ernsthaft etwas passiert war.
Da die Hausbesitzerin keinen eigenen Stempel für unseren Ausweis hat, organisierte sie extra für uns, dass der Stempel des Kirchenkreises hierhergefahren wurde. Wahnsinn, oder?!
Was für ein Tag!

Freitag, 23. Mai 2014

Tag 8-9: Buschhoven - Engelgau

Gestern sind wir von Buschhoven bis zur Steinbachtalsperre gelaufen.
Und weil mich an Filmen wie dem von gestern immer stört, dass Pilgern wie ein Spaziergang wirkt, muss ich es noch mal betonen: Es ist nicht so entspannt, wie es in den Filmen wirkt! 
Es ist anstrengend, vor allem wenn es bergauf geht, wenn man keinen Schatten findet, wenn es regnet, wenn man Blasen oder Schmerzen hat oder wenn einem einfach die Beine brennen und die Socken dampfen.

Ich habe seit einigen Tagen 3 kleine Blasen: Je eine am großen Zeh, weil meine (orthopädischen) Einlagen in den Schuhen etwas zu schmal sind und die großen Zehen zeitweise über die Kanten scheuern, aber die nehme ich nur selten wahr. Die dritte ist an der linken Ferse und die musste ich gestern aufschneiden. Aber auch diese Blase schränkt mich nicht besonders ein. Und ich hatte vor der Reise solch eine Angst vor Blasen. 
Johannes hat auch ein paar Miniblasen, aber ebenfalls keine, die ihn großartig stören.
Es kann aber sein, dass seine Wanderstiefel zu klein sind, da seine Zehen oft gerötet sind und schmerzen.

Heute haben wir, weil wir keinen Umweg laufen wollten und im nachfolgenden Ort dann doch kein Geschäft war, in einem Hofladen eingekauft. Paprika, Äpfel, Birnen und Gurken- ein gesundes Abendessen und in Kombination mit ein paar Nüssen auch ausreichend sättigend.

Geschlafen haben wir in der Bildungsstätte an der Steinbachtalsperre. Der Pilgerpreis ist mit 15€ wirklich human. (Pilgerinfo: Man soll sich nach Möglichkeit einige Tage vorher anmelden). Das Haus war gut, liegt aber mitten in einem Funkloch.

Heute früh sind wir nach einem sehr schönen Gespräch mit der Hausherrin gut gelaunt weitergezogen, obwohl es regnete.
Gestern hatten wir Glück: Es regnete, als wir im Wald waren, also wurden wir nicht besonders nass und als wir aus dem Wald kamen, hörte es auf. Kaum hatten wir das Haus (gefunden und) betreten, fing es an zu schütten. 
Heute kamen dann also unsere Ponchos erstmalig zum Einsatz. Bis mittags regnete es auch immer wieder, nachmittags klarte es aber auf.

Nach 7 km kamen wir nach Bad Münstereifel, wo wir uns auf dem Markt und im Aldi (Süd!) erst die Rucksäcke und dann die Bäuche vollschlugen. Danach ging es steil bergauf und wir erfuhren, wie sehr man unter dem Poncho schwitzen kann. Es ging über viele Hügel mit weiten Aussichten und es sah alles so schön und idyllisch aus!
Wir durchquerten einige kleine Ortschaften und in Frohngau, wenige Kilometer vor unserem Ziel, gab es einen kleinen Dorfladen mit Café etwas abseits vom Weg, in dem wir uns ein Eis und eine kalte Cola holten.
Es gibt kaum etwas besseres als ein eiskaltes Getränk nach oder während einer Wanderung. Wer hier vorbeikommt sollte den kleinen Schlenker unbedingt laufen, der Laden in der alten Schule ist süß, man kann drinnen und draußen sitzen und teuer ist er auch nicht.

Gestern Abend hatte Johannes aus dem Funkloch heraus versucht, uns eine Ferienwohnung zu organisieren. Dummerweise lief er, als er im Flur gerade genug Empfang hatte, um ein Gespräch aufzubauen, in unser Zimmer, in dem wir ja absolut keinen Empfang hatten. Danach brachte das Telefon keine Verbindung mehr zustande.
Heute vormittag hat er den Herren aber erreicht und wir können die Wohnung haben. 
Als wir hier ankamen, saß er bereits auf der Terrasse in der Sonne und wartete auf unsere Ankunft.
Für 25€ kann man hier allein und für 40€ zu zweit schlafen. Was man zu dritt zahlt, weiß ich nicht, aber so viele Betten gibt es in dieser Wohnung. 
Eine Jakobsmuschel klebt an der Haustür und dem Gästebuch kann man entnehmen, dass dieser Weg gar nicht mal so einsam ist. Erst vorgestern waren zwei Pilger hier.
Ich bin gespannt, wann wir endlich die ersten Pilger treffen.

Die Wohnung ist echt toll, hier gibt es alles, was man braucht: Eine Dusche, Seife und Föhn, eine Küche (Kaffee und Tee inkl.), günstige Getränke, einen Toaster, Bücher, Radio und Fernseher,... Ja, wir fühlen uns irgendwie wie Luxuspilger. Bisher hatten wir es echt immer mächtig gut.

Außerdem hat der Herr im Garten 2 Schafe mit ganz jungen Lämmern und Gänse, ebenfalls mit Nachwuchs. Die haben wir uns natürlich sofort angeschaut.
Ich fühle mich hier gerade so wohl, dass ich gern noch ein paar Tage bleiben könnte. Also sollten wir uns in Zukunft lieber nach weniger gemütlichen Unterkünften umsehen?!

Für morgen haben wir aber noch keine Idee, wo wir schlafen. Vielleicht werden wir das erste mal (wild?) zelten?

Ein paar Bilder

Ich kann am Handy/ Tablet schlecht Bilder in die Beiträge einfügen. Deswegen hier ein paar Bilder der ersten Tage.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Tag 7: Bonn - Buschhoven

Heute morgen wurden wir in Bonn vor der Münsterbasilika im Zentrum abgesetzt und hatten noch einige Zeit, bis der Laden, in den es den Stempel gab, öffnete.
Also besichtigten wir die große Kirche, liefen über den Ökomarkt auf dem Kirchenvorplatz und guckten schon mal in den Hariboladen, den wir um 10 Uhr stürmen wollten. Dann setzten wir und auf ein Mäuerchen und ich packte mein Tablet aus, um die Erlebnisse der letzten Tage zu notieren, damit wird nicht alles vergessen. Und dann sah ich, dass ich automatisch mit dem WLAN-Netz der Uni Bonn verbunden war (man kann sich mit seinen Daten bundesweit in das Uni-Internetz einloggen).
Um 10 Uhr drehten wie unsere Runde durch den Hariboshop, holten uns eine halbe Stunde später den Stempel ab und liefen aus der Stadt heraus. Relativ zügig führte uns der Weg ins Grüne und über geteerte Wege in Gemüseanbaugebiete. Wir liefen lange an zwischen Feldern entlang und stiegen dann über kleine Orte und Hügel (die es trotzdem in sich hatten) nach Buschhoven. Wir passierten noch eine kleine Kapelle, wie es sie in dieser Gegend (na ja, also eigentlich seit kurz hinter Siegen) so oft gibt. Wir stempelten im Ort noch unsere Pilgerausweise und liefen dann etwas ab vom Weg das erste mal zu unserer Unterkunft. Wir sind dankbar, dass wir bereits zum zweiten mal 2 Nächte nacheinander aufgenommen werden. So konnten wir auch heute wieder mit reduziertem Gepäck laufen (na ja, ab dem Hariboladen war der Rucksack wieder schwer).
Nach einem leckeren Abendessen schauten wie uns noch den Pilgerfilm "The way" an, in dem unser Gastgeber einen klitzekleinen Auftritt hatte. Er ist also ein Kinostar!

Dienstag, 20. Mai 2014

Tag 6: Köln - Bonn

Heute morgen sind wir mal wieder relativ spät aufgebrochen. Aber wir genießen die Zeit bei unseren Gastgebern und wir sind ja auch nicht in Eile. Schon während meiner ersten Pilgerreise in Spanien gehörte ich mit meinen Freunden stets zu den Letzten, die die Herberge verließen.
Wir holten uns den Stempel vom Kölner Dom und liefen in Richtung Rhein. Von Köln aus gibt es zwei Möglichkeiten weiterzupilgern: Über Hürth und Euskirchen oder über Bonn und kleinere Orte nach Bad Münstereifel, wo beide Pilgerwege wieder aufeinandertreffen.
Wir entschieden uns für den Weg über Bonn, weil wir dort von unserem Pilgerstammtischfreund abgeholt und aufgenommen wurden (ihr merkt, wir haben einen tollen Stammtisch im Kölner Raum!) und weil wir über diesen Weg am Wasser entlanglaufen konnten.
Wir wurden heute oft angesprochen und die meisten Menschen haben uns gleich als Pilger erkannt. Während wir noch von einem älteren Ehepaar beraten wurden, wie wir an schönsten zur Fähre kommen könnten (der Weg ist quasi nicht beschildert und wird im Führer auch nicht beschrieben), hielt ein Radfahrer an und wartete geduldig darauf, dass er uns ansprechen konnte.
Nachdem wir vor der Bratwurstbude aus dem Kölner Tatort fotografiert wurden, verabschiedeten wir uns vom Ehepaar und der Radfahrer, der auch ein Pilger ist, begleitete uns für die nächste halbe Stunde.
Wir unterhielten uns über seine Erfahrungen und unsere Route und er pilgert Anfang September wieder ab Pamplona. Zu der Zeit müssten wir da eigentlich schon vorbeigelaufen sein, aber man weiß ja nie, was passiert...
Heute hatte Johannes Probleme mit seinen Fersen, so dass wir etwas langsamer laufen mussten. Wir hoffen, dass es nichts schlimmeres ist ist wird.
Wir liefen lange am Rhein entlang, dann durch einen Wald nach Köln-Weiß und dort zur Fähre nach Zündorf. Der Fährmann erzählte uns, dass er schon an der Küste vor Finisterre entlanggesegelt ist und wurde dann von einer Passagierin unterbrochen, die auch noch unbedingt erzählen wollte, dass sie schon mal gepilgert ist.
In Zündorf gönnten wir und ein Eis und machten eine Pause, den es lagen 12 hässliche Kilometer vor uns, um zur nächsten Fähre zu kommen. Es ging nur durch Orte und an der Landstraße entlang und der Weg zog sich ins endlose.
Nachdem wir mit der Fähre in Mundorf wieder auf die linksrheinische Seite übergesetzt hatten, machten wir uns auf zum Endspurt nach Bonn.
Wir schafften es fast bis in die Innenstadt, dann wurden wir von unserem Freund eingesammelt und nach Hause gefahren. Unterwegs sahen wir schon ein paar der morgigen Stationen und freuen und schon darauf, dass weniger Asphalt auf uns wartet.
Wir haben übrigens beide bisher keine nennenswerten Blasen bekommen, was für mich wirklich eine tolle Überraschung ist. Ob ich einfach endlich gute Schuhe gefunden habe oder ob die blasenverringernden Wandersocken aus dem Decathlon ihren Zweck erfüllen weiß ich nicht, aber ich bin unglaublich glücklich darüber, dass es so ist!


Montag, 19. Mai 2014

Tage 2-5: Freudenberg - Köln

Das Pilgern in Deutschland ist lange nicht so ereignisreich wie in Spanien. Das ist jetzt zwar keine neue Erkenntnis, ich nehme es aber zum Anlass, die letzten Tage etwas knapper zu halten.
Wir haben jetzt die ersten 100km hinter uns und in Köln angekommen.
Wir sind durch viele Wälder gelaufen, haben wunderschöne Aussichten genossen und viele Pferde und Kühe gesehen.
Die Natur in dieser Gegend ist wirklich hübsch und besonders gefallen hat und beiden das Wildenburger Land.

Außerdem haben wir viele kleine Orte durchschritten und haben am Wochenende unzählige Leute gesehen, die entweder im Garten arbeiteten, den Rasen mähten oder ihr Auto wuschen.
Die Abende, Nächte und Morgende waren alle total schön und wir sind jeden Tag später als geplant aufgebrochen, weil wir uns so gut und lange unterhalten haben.
Die Beschilderung ist weitestgehend vorhanden, leider fehlt es aber immer wieder ab entschiedenen Kreuzungen. Also eigentlich dauernd.
Dafür ist der Weg manchmal geradezu übersät mit Aufklebern.



Am 2. Tag sind wir von Freudenberg nach Denklingen gelaufen. Nur rund 19km, aber wir gehen es bewusst langsam an. Nachdem ich im letzten Jahr auf dem Weg an der Ostsee so große Probleme hatte, wollen wir nichts riskieren und unseren Körpern und vor allem den Beinen und Füßen eine großzügige Eingewöhnungszeit gewähren. Immerhin sollen sie uns rund 2600km wir tragen und da müssen wir unbedingt nett zu ihnen sein!
Und wir haben auch nichts davon, wenn wir gleich zu Beginn viele Kilometer abreißen.

Mein neuer Begleiter

Ich habe einen Wanderstock aus dem Wald haben wollen, aber gestern keinen gefunden. Ich hielt immer wieder mal Ausschau, fand aber nichts. Heute blieb ich stehen und sagte zu Johannes: "Ich will jetzt endlich mal meinen Stock finden!". Wenige Augenblicke später hielt er mir meinen neuen Stock vor die Nase. Ich habe ihn gleich geschält und angefangen, ihn zurechtzuschnitzen. Inzwischen hat er einige Risse und ich weiß nicht, was aus ihm wird, aber ich behandle ihn so, als würde er mit mir in Santiago ankommen und alle 100km werde ich einen Ring hineinschnitzen.
Wir kamen an einer Höhle vorbei, die nicht besonders tief in den Felsen ragte, in der aber rundherum eine Geschichte stand. Etwas gruselig war das Ganze schon und dann seilte sich auch noch theatralisch eine dicke Spinne von der niedrigen Höhlendecke in meine Richtung ab.





Hier nahmen wir uns Steinchen für das Cruz de Ferro mit, denn der fehlte uns beiden noch.
Beim letzten mal hat mich das Kreuz, an dem jeder Pilger symbolisch eine Sorge oder Last durch einen Stein ablegt, nicht besonders berührt, deswegen war es mir auch nicht wichtig, vorher einen Stein auszuwählen und mitzunehmen.
In Denklingen angekommen bekamen wir den Stempel in einem Restaurant und danach wurden wieder von Freunden abgeholt und haben einen schönen und lustigen Abend in geselliger Runde verbracht.

Fast wie in Spanien
Am 3. Tag wurden wir hier wieder abgesetzt, um 19km nach Drabenderhöhe zu pilgern, wo wir von unserem Pilgerfreund abgeholt und aufgenommen wurden.
Der Tag verlief relativ ereignislos. Wir sind durch Wälder gewandert und haben uns in einem davon verlaufen, so dass wir an der falschen Stelle im Wald herauskamen. Dadurch waren wir in einer falschen Straße und auf dem Weg zur Hauptstraße kamen wir an einem Gehege mit Ziegen, Kaninchen, Hühnern und Gänsen vorbei. Ich war mit dem Verlaufen also schnell versöhnt.
In der Kirche in Drabenderhöhe wurde uns fast der Stempel verwehrt. Ein Mann stand in der Tür und wollte und nicht einlassen, weil bald eine Veranstaltung beginnen sollte. Wir sagten, dass wir nur einen Stempel bräuchten und er sagte, so etwas wie einen Polgerstempel hätten sie hier nicht. Ich zeigte auf einen Stempel, der im Vorraum auf einem Tischchen lag und meinte, dass der reichen würde, solange er von dieser Kirche wäre.
Er hob ihn hoch, drehte ihn in der Hand und sagte grummelig, dass das keiner wäre, den wir brauchen könnten. Glücklicherweise erkannte Johannes eine Muschel in der Mitte des Stempels und wies den Mann darauf hin. Inzwischen wirklich nicht mehr gut gelaunt erlaubte er, das wir unsere Ausweise zückten. Er stempelte mir erstaunlich herzlos einen Stempel in meinen Ausweis, der nicht nur auf Kopf, sondern noch nicht mal zur Hälfte gedruckt war.
Das machte mich nun meinerseits etwas missmutig, denn der Pilgerausweis wird mein wertvollstes Erinnerungsstück und ich habe keine Lust darauf, dass Leute wie er mir das versauen.
Also nahm ich ihm den Stempel aus der Hand und drückte ihn noch mal-dieses mal richtig herum-in meinen Ausweis.
Jetzt ist er auf einer Seite zwar doppelt, aber das sieht allemal besser aus als das davor. Der Mann quittierte mein Nachstempeln nur mit einem "das zählt dann aber gar nicht" und ließ es sich nicht nehmen, Johannes Pilgerausweis auch verkehrt herum zu stempeln. Blöder Kerl.
Abends waren wir bei unserem Pilgerfreund, der seinen Geburtstag feierte und als Überraschung kam noch ein weiterer Freund unseres Pilgerstammtisches dazu. Es wurde ein langer Abend, gut den sich der ganze Stress im Vorfeld gelohnt hatte. Wir wollten nämlich gern am Tag der Feier hier ankommen und dadurch musste ich mich mit meinen Sachen, die noch zu erledigen waren, mächtig ins Zeug legen.




Am 4. Tag sind wir erst mittags gestartet, weil wir etwas länger geschlafen und dann lange gefrühstückt haben. Wir sind von Drabenderhöhe über Overath nach Heiligenhaus (ca. 17km) gelaufen.
Da wir heute Abend noch mal im selben Quartier schlafen, waren wie heute mit kleinerem Gepäck auf Reisen.
In Overath haben wir uns ein Eis gegönnt, den es ist wirklich heiß. Kaum sitzen wir mit dem Eis auf der Bank am Bahnhofsvorplatz und wollen ein Foto machen, da landet ein dicker Vogelschiss auf meinem Knie. Also zogen wir um und setzten uns woanders hin. Wir hatten 2 Flaschen Fassbrause dabei und Johannes schaffte es das erste mal, einen Kronkorken ohne Flaschenöffner loszuwerden.
Nach der Pause kraxelten wir (nachdem wir uns Mal wieder verlaufen hatten) einen Berg hoch und kamen in Heiligenhaus an, wo unser Freund schon auf uns wartete und uns wieder mit nach Hause nahm.

  

Am 5. Tag erreichten wir nach 24 endlosen Kilometern den Kölner Dom. Hier haben wir die ersten 100km fast voll. Der Tag war anstrengend und warm. Wir haben beide schon etwas Sonnenbrand, freuen uns aber total über das Wetter!
Heute morgen mussten wir an der Kirche in Heiligenhaus den Stempel holen, den haben wir gestern nicht mehr geholt.
Dort lief jedoch noch die Kommunionsdankesfeier und wir mussten einige Zeit warten. Der Küster setzte mich auf die Wartebank und so wurde ich fast 15 Minuten von niemandem beachtet. Ich konnte somit in aller Ruhe das Treiben beobachten. Da ich mich in der katholischen Kirche nicht auskenne, fand ich die Mädchen in ihren Brautkleidern gleichermaßen faszinierend wie verstörend.
Irgendwann schenkte man mit wieder Aufmerksamkeit und ich hörte, dass ich die ganze Zeit warten musste, damit man mir sagen konnte, dass es keinen Stempel gibt. Na toll.
Der Herr wollte dann noch mit uns in irgendeinen Nachbarort laufen, aber ich wollte das nicht und habe in der kirchlichen Bücherei, die ich vorher nicht bemerkt hatte, nach einem Stempel gefragt und auch bekommen.
So war es dann auch schon fast Mittag, als wir Heiligenhaus verließen. Durch verschiedene Orte und vorbei an einer wilden Schlange (oder Blindschleiche) ging es in Richtung Köln, wo wir nach einem Marsch durch einen Wald ankamen.
Großstädte sind ätzend. Man läuft stundenlang durch die Stadt und wird zudem auch noch dauernd komisch angeschaut.
Deswegen zieht sich eine Großstadtstrecke auch immer endlos.

In Köln traf ich eine Kommilitonin aus der Uni und ich war echt überrascht, dass sie mich in diesem Outfit erkannt hat!
Nach 2 weiteren Stunden machten wir eine Pause mit Johannes ehemaliger Arbeitskollegin, die mit großen Eisbechern zu uns kam. Lecker!
Nach 2 Ewigkeiten erreichten wir endlich den Kölner Dom.
Nach einer kurzen Pause und einem Dom-Selfie mit Scrat gingen wir rüber zum Busbahnhof, wo wir von einer weiteren Pilgerstammtischfreundin abgeholt und aufgenommen wurden.
An diesen Bahnhof in Köln von ich vor 2 Jahren abgefahren und habe 18 Stunden im Bus gesessen, um nach Bayonne und St.Jean-Pied-de-Port zu kommen und meine Reise auf dem Camino Frances anzutreten und heute laufe ich hier vorbei. Das ist echt verrückt.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Tag 1: Siegen - Freudenberg

Ich habe es noch nicht ganz begriffen, aber... wir laufen jetzt nach Spanien!
Der erste Tag... fing mit 4 Stunden Schlaf an. Irgendwie hat sich gestern alles in die Länge gezogen und dann hat das Packen mal wieder länger gedauert als geplant.
Ich habe gestern Abend das erste mal den Rucksack gepackt und die Ausrüstung gewogen. Das macht mir Spaß, dauert aber ganz schön lange. Dann hat das mit dem iPod alles nicht so gelappt, weil ich kein iTunes auf meinem kleinen, alten Netbook verwenden will.
So habe ich dann etwa 4 Stunden geschlafen und bin um 9 Uhr mit meiner Freundin zum Bahnhof marschiert. Dort habe ich mich mit Johannes getroffen, der mit einer gemeinsamen Freundin angereist war. Johannes und ich stiegen in den Bus, um in die Oberstadt zu fahren. Ich wollte den Camino gern im Schlosspark beginnen.

Das Siegener "Krönchen"
Auf dem Weg in den Park haben wir uns den ersten Stempel am "Krönchen" (Kirche in Siegen) geholt (zumindest wenn man ignoriert, dass die Jakobusfreunde Paderborn uns beim Ausstellen des Ausweises ungefragt ihren eigenen Stempel in den Pass gedrückt haben).
Vom Schlosspark aus hat man eine gute Sicht auf die Stadt, der ich nun, nach 3,5 Jahren, im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken kehre.
Wir liefen den Berg wieder runter und durch die Innenstadt zum Bahnhof. Doch nach wenigen gepilgerten Metern (es lag bestimmt noch nicht einmal der erste Kilometer hinter uns) machten wir schon unsere erste Pause, denn meine Freundin erwartete uns mit heißem Kakao. Johannes kaufte dann noch Waschmittel ein, am Bahnhof besorgten wir uns noch Brötchen und so war es fast halb elf, als wir den Bahnhof verließen, um uns das erste mal zu verlaufen.
Denn in der Tat mussten wir auf schlechte schlechte Markierungen nicht lange warten und liefen gleich mal ein paar Minuten suchend herum.
Nachdem sicher war, dass wir die steilste Straße nehmen sollten, liefen wir ausgiebig den Berg hinauf und landeten in einem Wald. Diesen durchwanderten wir eine gefühlte Ewigkeit.

Ich war guter Dinge, dass wir bald Freudenberg sehen würden, da kamen wir auf eine Waldkreuzung, die mir verdächtig bekannt vorkam. Und tatsächlich: Wir waren im Wald auf dem Fischbacher Berg und der gehört zu Siegen und gehört noch lange nicht zu Freudenberg.
Ich war kurz versucht, in den Bus zu steigen, der in 1 Km Entfernung fuhr, um zurückzufahren. So macht das Fernwandern keinen großen Spaß!
Wir liefen aber tapfer weiter, vorbei an einer Schulklasse, 2 toten Vögelchen, die mitsamt dem Nest auf dem Weg lagen, einer Autobahnraststätte, die mit unserem Weg verbunden war, einem freundlichen Rentnerehepaar und einer kleinen Katze mit einem kaputten Hinterbein in Richtung Freudenberg.



Der Opi, der uns intensiv über unsere Pläne befragte, bemerkte nur, als er von der Größe des Vorhabens hörte, dass es schwierig werden könne, wenn ich bei jedem Tier anhalte, um es zu streicheln. Ja, da hat der gute Mann mit einem Blick etwas Wahres über mich herausgefunden...

Ich hatte irgendwann Schmerzen an beiden Fußballen und konnte deutlich sehen, dass sich dort die ersten Blasen ankündigten.
Also abkleben und weiter, immer der Beschilderung nach. Wenn es denn so einfach wäre!
Die Beschilderung ist streckenweise wirklich mies und wir haben oft ratlos an Kreuzungen gestanden, ohne zu wissen wo wir langmüssen.
Dem Smartphone sei Dank- ohne moderne Technik hätten wir den Weg nicht gefunden.
Das Wetter war übrigens sehr gnädig mit uns. Es hat in den vergangenen Wochen täglich oft und viel geregnet, aber heute blieb es bei einem Nieselregen an morgen und danach war es die ganze Zeit trocken.
Als wir nach 17 km endlich in Freudenberg ankamen, liefen wir hoch zur Kirche, holten und unseren Pilgerstempel ab und warteten auf Johannes Freunde, die und abholen würden.
Im Haus der Freunde angekommen, gingen wir erst einmal duschen. Danach wurden wir fürstlich umsorgt und verbrachten einen schönen Abend zusammen. Die Männer widmeten sich später noch dem Relegationsspiel des HSV. Dieses Elend habe ich mir dann aber erspart und bin lieber ins Bett gegangen, die letzte Nacht war schließlich sehr kurz.
P.S.: Bitte seht über die Fehler hinweg. Ich trage gerade eine ganze Woche nach und das Tablet macht auch oft, was es will (macht aus "uns" "und", verschluckt Wörter etc).
Der Sinn sollte in den meisten Fällen aber zu erfassen sein.


Freudenberger "Flecken"

Freudenberger Strickguerilla

Mittwoch, 14. Mai 2014

Morgen geht es los!

Alles ist gepackt!

Eine Reise von der Haustür nach Santiago tritt man nicht einfach an.
Schon gar nicht, wenn man (wie wir) sein altes Leben vorübergehend aufgibt.
Es musste einiges vorbereitet und an vieles gedacht werden.
Das fing schon bei der fristgerechten Kündigung von Wohnung und co. an.
Danach folgten viele organisatorische Fragen: Was verkaufe ich von meinen Sachen und was will ich behalten? Auf wie viele Kartons kann und will ich mein bisheriges Leben reduzieren? Und wohin damit, wenn man keine Wohnung mehr hat?
Wohin mit den Katzen? Wie muss ich mich krankenversichern?
Was muss ich bis zum Start noch erledigen?
Wo melde ich meinen Wohnsitz an?
Sollte ich vorher noch mal zum Zahnarzt?
Ich brauche neue Einlagen für meine Wanderstiefel.
Wo sind die Impfpässe der Katzen? Muss ich mich impfen lassen?
Viele Fragen und vieles, dass organisiert werden musste.

Und dann flog ich 2 Tage vor dem Umzug über den Lenker meines Cityrollers und musste ins Krankenhaus, den Finger nähen lassen (der Ring am Ringfinger hat den kleinen Finger aufgeschlitzt. Unschön. 4 Stiche), hatte ein blaue Auge und ein geprelltes Knie- und konnte nichts mehr tun. Dabei war noch so viel zu erledigen!
Dank meiner lieben Freunde hat das mit dem Umzug dann aber doch noch alles geklappt und unsere Habseligkeiten sind nun in 2 Hamburger Kellern untergebracht.

Inzwischen habe ich meine Ausrüstung für die Reise auch fast zusammen.
Teure Schuhe von Meindl für meine breiten Füße, ausgestattet mit neuen orthopädischen Einlagen und leichte Schuhe als Ersatz und für die Abende.
Dazu gute Wandersocken und meine Füße habe ich auch schon brav und regelmäßig mit Hirschtalg eingeschmiert.
Zwei Fleecepullover, ein leichtes T-Shirt, eine neue Sonnenbrille, einen Regenponcho (dieses mal werde ich nicht in Regenjacke und Regenhose laufen, da die Gefahr von langanhaltend schlechtem Wetter besteht und ich meinen Rucksackinhalt besonders beim Zelten trocken wissen will) und einen Trinkschlauch habe ich beim Decathlon, dem Primark der Outdoorwelt, inzwischen erworben.
Eigentlich fehlen mir nur noch die Hosen. Die Wanderhose habe ich dann heute Abend bei C&A gekauft. Eine leichte Wechselhose für abends habe ich auch noch nicht, aber die finde ich unterwegs schon noch. So lange wird eine alte Schlafhose herhalten.
Ein Zelt haben wir auch gekauft und freuen uns auf die erste Nacht darin.
Da es auf dem ersten Teil unserer Reise nicht viele Herbergen gibt und schon gar nicht so günstige wie in Spanien, haben wir beschlossen, eines mitzunehmen, um möglichst flexibel zu sein und um die hohen Kosten der Pensionen etwas zu reduzieren.
Das Zelt wird dann serviert mit Schlafsack, Isomatte und einem kleinen aufblasbarem Kissen.
Der Rest der Ausrüstung besteht aus Technikkram, Hygieneartikeln, Erste Hilfezeug und Kleinkram wie einem Taschenmesser und Stofftaschentüchern.
Insgesamt komme ich mit dem (halben) Zelt auf frustrierende 8,4kg.

Aber ich kann nicht viel aussortieren und hatte dafür auch gar keine Zeit. Leider kommen noch Essen, Trinken und die Kleidung am Leib obendrauf, denn wie schwer der Rucksack ist, ist mir egal, da er gut sitzt und ich ihn kaum spüre - Das Schlimme ist die Mehrbelastung für die Füße und die tragen ja alles, auch das, was man in der Hose versteckt, damit es beim wiegen nicht zum Rucksackgewicht zählt.

Die letzten Tage waren ultrastressig, aber ich habe alles fertig und... morgen geht es los!
Jetzt muss ich noch etwas Musik auf den iPod* kopieren, damit ich was zum hören habe. Und da ich sonst kein Apple nutze und mit einem Ersatzprogramm für iTunes arbeite, kann das dauern....
(Und ehrlich gesagt gucke ich mit meiner Freundin, bei der ich derzeit schlafe, noch ein paar Folgen O.C. )
  1. *Alex, falls du das hier liest: Ja, es ist der iPod von dir und jedes mal, wenn ich ihn raushole, denke ich an dich.