Dienstag, 30. Juni 2015

Tag 6: Melide - Ribadiso

Gestern Abend haben wir noch die Betten gewechselt. Es waren so viele Betten frei und ein Gang, in dem zwei Etagenbetten standen und an denen es Steckdosen gab war unbelegt und so haben wir kurzerhand unser Sachen gepackt und sind rübergezogen.
Dort konnten wir es uns gemütlich machen, Handys und Kamera laden und wurden nicht von Frühaufstehern geweckt und genervt.

Wir schliefen heute etwas länger, da wir ohnehin warten mussten bis die Läden öffnen.
Also packten wir in aller Ruhe, kauften uns etwas zum Frühstück und ein Getränk in der Bäckerei und setzten uns an einen Platz mit Internet. Zu besichtigen gab es heute ohnehin nichts mehr.

Als wir den Laden später verließen wogen unsere Rucksäcke locker 4-5 kg mehr als vorher und das erhöhte Gewicht merkten wir sehr deutlich. Verrückt, wer von an so viel schleppt. Wir haben beide normalerweise all inklusive nicht mehr als 7,5 Kg auf dem Rücken.

Wir verließen Melide und die Sonne gab heute schon von Beginn an ihr Bestes.
Wir machten an einem kleinen Fluss eine Pause.  Dort muss man über unebene Steine laufen und eine ältere Dame hatte Angst weiterzugehen. Die Tochter dahinter konnte nicht viel helfen und sie waren froh, dass wir gerade da waren um zu helfen.

Heute zogen wieder einmal Kühe an uns vorbei und wir kamen am deutschen Café vorbei: Dem wahrscheinlich einzigen Café indem fürs pinkeln Geld kassiert wird. Sehr passend also.

Nach der Hälfte der Strecke trafen wir auf eine Pilgerin mit ihrem 6-jährigen Sohn, von denen ich gestern in einer Facebookgruppe gelesen hatte. Da ich die Namen nicht mehr wusste, wir aber alle aus Hamburg kommen rief ich einfach "Haaaaaambuuuurg" über die Straße und sie haben sofort reagiert.
Ein paar Kilometer liefen wir gemeinsam, dann seilten wir uns ab, weil man mit Kind doch deutlich langsamer vorankommt. Aber wir würden in derselben Herberge einkehren und wussten, dass wir uns wiedersehen.
Der Kurze ist ein echter Sonnenschein, hat viel erzählt und war ohne Scheu. Ein tolles Kind!

Wir gönnten uns für den letzten Aufstieg ein Eis und das war auch gut so, dann der Berg hatte es faustdick hinter den Ohren. Er tut zwar so, als sei er harmlos, aber wenn man ihn besteigt zeigt er was er kann.
Zum Glück war es von der Höhe an nicht mehr weit und wir wanderten beschwingt singend zum Fluss.

In der Herberge war noch nicht viel los. Wir packten unsere Sachen an die Betten (die wieder freigeräumt wurden-anscheinend wird dieses Jahr wert auf die Bettenverteilung gelegt...) und gingen im Fluss baden. Das Wasser war herrlich kalt und erfrischend.
Als die keine Familie ankam planschten wir ausgiebig, machten uns gegenseitig nass und hatten viel Spaß.
Das Wetter war herrlich und wir genossen den Tag.
Unser auf Vorrat gekauften Getränke hatten wir im Fluss gekühlt und so jederzeit eine kühle Dose parat.

Abends aßen wir noch einen Teller Nudeln in der benachbarten Bar. Bei einem Preis von 3,50€ konnten wir nicht widerstehen.
Als wir um kurz nach 22 Uhr in die Herberge wollten war das Eingangsportal schon verriegelt.
Aber das war nicht schlimm, ich wusste ja, dass wir schlimmstenfalls ein Stückchen durch den Fluss tapsen konnten und dann auf dem Gelände wären.
Wir fanden aber eine niedrige Mauer und kamen so trockenen Fußes ins Bett.
Die Herberge ist wunderschön, ich empfehle eine Übernachtung hier definitiv.
Nur die Geländer der Betten sind oben für meinen Geschmack etwas zu niedrig und so liege ich auf dem Fußboden. Natürlich mit Matratze!

Montag, 29. Juni 2015

Tag 5: Palas de Rei - Melide

Heute morgen war es nicht so neblig wie die letzten Tage.
Laut unserem Führer (dem gelben Outdoor) sollten wir bald für 1,3km durch einen Wald lustwandeln.
Wir wussten zwar nicht genau, wie man richtig lustwandelt, gaben uns aber Mühe, es zu tun.
Wir durchwanderten heute mehrere zauberhafte Örtchen. In einem machten wir unsere Frühstückspause und nachdem ein Bauer seine etwas gelangweilt wirkenden Kühe an uns vorbeigetrieben hatte ritten zwei Pilger hoch zu Ross durch das Dorf.

Es ging auf hübschen Pfaden weiter und im kleinen Ort Casanova machten wir an der Bar "die zwei Deutschen" Halt und tranken eine (leider) warme Cola. Deutsche waren auch nicht im Dienst.

Kurz vor Melide machten wir ein kleines Fotoshooting am großen Pilgerkreuz.
Unsere Begleiter Scrat und der aufblasbare Flamongo meiner Freundin positionierten sich professionell und das kleine Stativ ließ uns richtig professionell wirken.
Bestimmt sah es auch gut aus, wie ich im Gras lag und die Kamera einstellte. Das Stativ ist wirklich klein, höchstens 15cm hoch uns dementsprechend tief muss man sich beugen, um das Bild einzustellen.

Nach unserem Aufenthalt brannte die Sonne mit aller Kraft und wir kamen, obwohl die letzten Kilometer nicht anstrengend waren, noch richtig ins Schwitzen.
Vor dem Einchecken in der Herberge brauchten wir ein Kaltgetränk und sprangen dann unter die Dusche.
Wer Scheu vor Gruppenduschen oder Nacktheit vor Fremden hat sollte die galizischen öffentlichen Herbergen meiden. Gestern waren sie nicht einmal geschlechtergetrennt.

Wir gingen in den Ort und da wir keine Krake essen wollten konnten uns die zahlreichen Lokale der Pulpohochburg nicht für uns begeistern. Wir entschieden uns für ein Pilgermenü beim Italiener und waren nach dem riesigen Vorspeisensalat schon fast satt.
Die Pizza war umwerfend gut und statt eines Nachtisches bekamen wir ein zweites Getränk.
Wir verbrachten 3 Stunden vor dem Lokal, dann wir haben zwischen den Pizzahälften eine Stunde Pause gemacht. Und sie war hinterher immer noch warm!
Es war viel zu heiß um sich zu bewegen, deswegen hielten wir es im Schatten aus, surften im Netz und ich schrieb ein paar Postkarten.
Wir taten nicht viel und schwitzten trotzdem. Bei 37 Grad kein Wunder.

Nach dem Essen wollten wir in den Supermarkt,  da wir erst übermorgen auf den nächsten Laden treffen.
Wir haben nicht herausfinden können warum, aber alle Geschäfte waren geschlossen.
Zwar haben diverse Spanier uns hilfsbereit erklärt woran das liegt, aber verstehen konnten wir die Ausführungen nicht.

Wir setzten uns an den Brunnen mit eiskaltem Wasser, badeten Arme und Beine und genossen die Kälte.
Zurück in der Herberge fand ich mein Bett besetzt vor.
Da lag einfach ein anderer Pilger drin!
Meine Sachen waren alle auf den Boden geworfen worden, mein Schlafsack auch und er sagte, ihm sei dieses Bett zugewiesen worden und ich hätte bestimmt die Herberge nicht bezahlt.
Ich erklärte ihm, dass sich niemand an zugewiesene Bettnummern hält und mein Bett bei meiner Ankunft auch besetzt war, aber hatte keine Lust auf Diskussion.
Es waren noch unzählige Betten im Saal frei.
Ich wies auf seine Packung mit dem Bettbezug und auf das Bett, dass ich nun nehmen werde und sagte, er könne mir das dann ja beziehen.  Immerhin lag er auf dem Bett, das ich bezogen hatte.
Wäre er freundlicher gewesen hätte ich das selbst gemacht, aber so...

Wir verbrachten den Rest des Tages in verschiedenen Bars und auf der Suche nach geöffneten Geschäften. Wir fanden nur heraus, dass der früheste Laden um 9.30 Uhr öffnet und werden morgen also noch hier festhängen, denn bis Ribadiso gibt es keine Einkaufsgelegenheit mehr.

Im Pilgerforum las ich von einem Pilger, der bis vor Kurzem noch viele Kilometer vor uns lief. Ich fand unseren Abstand immer schade, denn ich hätte ihn gern getroffen. Nun ergaben die Umstände, dass er lediglich eine Tagesetappe hinter uns ist.
Kurze Überlegung, Planungen umwerfen, rechnen, kalkulieren, entscheiden: Wir werden übermorgen in Ribadiso am Fluss auf ihn warten. Zusammen werden wir ganze 3,5km zum nächsten Ort pilgern und das ist dann unsere Tagesetappe.
Wir sind ein bisschen aufgeregt, ob wir die Strecke schaffen. 3,5km sind ja nicht ganz ohne!
Aber wir haben Zeit, ich möchte ihn kennenlernen und der Fluss ist schön. Es gibt nichts was dagegen spricht. Denn wir sind nicht ehrgeizig und missen deswegen keine langen Etappen laufen. Damit würden wir ohnehin nicht angeben, also machen wir das.
Das wird großartig!

Tag 4: Portomarin - Palas de Rei

Heute Morgen war die Welt wieder eingehüllt im Nebel. Wir verließen Portomarin und wanderten los.
Es war kühl und der Nebel hielt sich die ersten Stunden.
Wir mussten viel bergauflaufen und vertrieben uns die Anstrengungen mit singen.
Das ist zwar nicht die beste Idee,  wenn man ohnehin durch die Erkältung etwas kurzatmig ist, aber wir waren allein und es macht Spaß.

Wir waren froh, als wir nach 8km in Gonzar ankamen und eine Cola trinken konnten. Pilgern ohne Cola ist wie feiern auf der Reeperbahn ohne Bier.  Geht gar nicht. Also setzen wir uns hin und zogen die Schuhe aus, denn das ist das beste Mittel gegen Blasen. Zumindest bei mir.

Nach der Pause liefen wir weiter und irgendwann klarte dee Himmel tatsächlich etwas aus. Ich konnte sogar einen vagen Schatten ausmachen!
In einem kleinen Ort begegneten wir zwei außerordentlich verschmusten und verspielten Hunden, denen wir eine halbe Stunde unserer Zeit schenkten. Schwer zu sagen, wer sich mehr über diese Streicheleinheit freute: Die Hunde oder wir?!

Auf schmalen und hübschen Pfaden ging es zur nächsten Bar, wo Hühner und zwei Katzen um die Tische streunerten.
Die Sonne gab auch inzwischen alle Mühe, ihr verspätetes Auftreten wieder gutzumachen uns brannte auf unsere Häupter.

Im Laufe des nächsten Teilabschnittes passierten wir eine Mauer, auf die jemand geschrieben hatte:

"STARTING in Sarria isn't the real thing"

Nun ist natürlich fraglich, ob der Autor selbst einmal in Sarria gestartet und somit in der Position ist, so eine Aussage zu treffen.
Ich bin ja nun ein waschechter In-Sarria-Starter und muss sagen: Bisher tut es weder weh noch vermisse ich etwas.
Natürlich fehlt uns der Teil davor, aber allen, die in St.Jean-Pied-de-Port starten fehlt eben der Teil davor. Und wenn die wüssten wie schön der Teil ist!
Ich denke, dass ein 120km-Camino besser ist als gar nicht erst loszulaufen und meiner Freundin gefällt es auch gut. Also war es die richtige Entscheidung und niemand sollte ob seines Startortes bewertet werden.
Man weiß ja auch nie, ob ein 100km-Pilger, den man gerade ein bisschen abwertend anschaut nicht im Jahr davor von zu Hause aus gelaufen ist ;)

Der Tag wurde richtig heiß und als wir an einem Wasserbecken mit herrlich kaltem Wasser vorbeikamen packte ich mein Buff aus, machte es pitschepatschenass, zog es mir über den Kopf und dachte an die heißen Tage in Frankreich zurück.
Erfrischend ist so ein nasses Kopftuch definitiv!

Am frühen Nachmittag erreichten wir Palas de Rei und kehrten im Ort in der alten öffentlichen Herberge ein.
Als wir geduscht waren aßen wir im gegenüberliegenden Restaurant leckere Spaghetti Carbonara.
Danach hatten wir große Pläne: Dies und das einkaufen, essen, genießen, Getränke kaufen... bis uns auffiel, dass Sonntag ist.
Großartig. Auf dem Camino sind Wochentage so irrelevant, dass wir das überhaupt nicht bedacht hatten.
Also müssen unsere spärlichen Vorräte bis morgen reichen, da haben die Läden wieder auf.
Im Ort werden wir allerdings nicht auf deren Öffnung warten, der früheste öffnet um 9.30 Uhr.

Wir kauften uns Chips und Cola und kehrten auf der Rathaustreppe ein, denn dort gab es Wifi und die anderen Pilger essen immer deutlich nach uns zu Abend.
Aber wir können und wollen nicht warten, bis die Südländer Hunger bekommen, unsere Mägen wollen um 18 Uhr gefüllt werden.

Jetzt liegen wir im Bett.
Es ist 22 Uhr und viel zu früh zum müde sein. Zeit genug zum bloggen.
Später wird ein Spanier sich mitten in den Raum stellen und inbrünstig spanische Sachen sagen.
Ich werde aus dem Halbschlaf schrecken, mich aufrichten um ihn vorwurfsvoll anzublicken uns merken, dass er unsere Steckdosenbelegung meint.
Ich werde ihm erklären, dass es ein 3er-Stecker ist und sein Sauerstoffgerät da mit ranpasst, aber er wird mich erst verstehen, wenn ich vom Bett klettere und es ihm zeige.
Freundlicherweise wird er ni aufhören auf spanisch auf mich einzureden, obwohl ich kein Wort verstehe. Aber wir werden uns mit einem Lächeln trennen.
... und sein Gerät uns lange wachhalten.

Sonntag, 28. Juni 2015

Noch ein paar Bilder

:)

Tag 3 : Barbadelo - Portomarin

Die Luft im Zimmer war durch zwei angrenzende Bäder feucht und durch die Pilger stickig.
Ich hab kaum geschlafen und bin dementsprechend gerädert aufgestanden.
Wir waren erstaunlicherweise nicht die Letzten. 3 Frauen sind erst um 7.45 Uhr aufgestanden, die Frühaufsteher waren angenehm rücksichtsvoll und haben sich mit dem Rascheln von Plastiktüten zurückgehalten.

Der Morgen war sehr neblig und wir haben noch eine Weile auf der Terrasse gesessen und abgewartet ob es ein bisschen aufklart. Als klar war, dass das nicht der Fall ist sind wir um kurz vor halb 9 aufgebrochen.
Der Morgen war kühl, aber dennoch war die Temperatur beim Laufen für den Pulli zu warm und für das T-Shirt zu kalt.

Durch unseren späten Aufbruch hatten wir die vielen Normalstarter aus Sarria auf unsere Höhe. Viele Pilger ohne Gepäck oder mit Tagesrucksack, gackernde Grüppchen, aber alle wirkten recht vergnügt. Nach einer guten Stunde lichtete sich der Nebel und wir bekamen einen klaren Himmel und viel Sonne zu sehen.

Wir kamen hier und da mit einigen Pilgern ins Gespräch, machten eine Frühstückspause an einer fast schäbigen und lieblos geführten Bar und genossen große Baguettebrötchen, denn nach knapp 10km knurrte uns der Magen.

Wir kamen vorbei an einem jungen Schäferhund, den der Besitzer zu den Pilgern schickte damit er gestreichelt wurde, an einem Pferd, einem Strauss, einer Katze, noch mehr Hunden und einer kleinen Herde Kühe, die an uns vorbeigetrieben wurde.

Die Sonne brannte und uns war heiß. Wir gönnten uns ein Eis und die zweite eiskalte Cola und ich ließ meine Freundin das französische Pilgerlied vorlesen, dessen Text ich noch im Rucksack hatte.  Was sie nicht wusste war, dass am Nebentisch zwei Franzosen saßen, die ihre Freude an ihrem Vortrag hatten.

Wir machten viele Pausen, genossen den Tag und wenn wir allein waren sangen wir einen Teil unseres Liederrepertoires in die Einsamkeit (manchmal endete die Einsamkeit hinter einer Kurve, aber das hat uns nicht gestört. Hauptsache wir stören niemanden).

Um 15 Uhr kamen wir in Portomarin an, einem Ort, der für den Bau einer Talsperre auf den Hang gezogen ist. Die Bewohner wollten sich nicht von ihrer Kirche trennen und haben diese Stein für Stein mitgenommen und oben wieder aufgebaut. Die Talsperre habe ich bisher nie gefüllt gesehen. Heute stand das Wasser hoch und es sah herrlich aus.

Uns lief der Schweiß im Gesicht herunter und wir fühlten uns angenehm sportlich betätigt.
Mein Körper scheint noch an das Marschieren im letzten Jahr gewöhnt zu sein, den nicht hatte (abgesehen von meiner Erkältung) keine Probleme beim Laufen.
Wir kauften uns kalte Getränke und liefen zur Herberge.
Nach einer Dusche informierten wir unsere Freunde, dass wir gleich vor der Webcam posieren werden und ließen uns von ihnen aus Deutschland fotografieren.

Den Tag verbrachten wir mit Einkaufen, relaxxen und mit dem Hund eines Brasilianers, der uns total leid tat, weil er bei unserer Ankunft völlig geschlaucht im Schatten lag. Neben Erbrochenem und viel zu weichen Häufchen.
Im Laufe des Nachmittags kam er aber wieder zu Kräften und tollte durch die Gegend. Es gibt kaum einen Pilger, der diesen Hund nicht kennt und liebt.

Da in der Herberge um 22.30 Uhr alle Lichter ausgingen und wir nicht müde sind liege ich jetzt im Bett und schreibe. Ansonsten würde ich wohl nicht dazu kommen. Wir liegen hier und schwitzen uns kaputt. Das wird eine warme Nacht... Schlaft schön!

Freitag, 26. Juni 2015

Tag 2: Sarria-Barbadelo

Die Nacht war schlimm.
Ich habe mehr gehustet als geschlafen, meine Nase lief die ganze Zeit, ein Mitpilger schnarchte und ein Anderer fing um 00.30 an seine Sachen zu packen (er hat den zeitlichen Irrtum aber wohl bemerkt und hat sich nach einer halben Stunde wieder ins Bett gelegt).
Meine Oropax habe ich wie immer im Halbschlaf rausgezogen und wachte somit immer wieder auf. Heute morgen fühlte ich mich so kaputt wie lange nicht mehr.

Wir standen um kurz nach 7 auf,  packten unsere Rucksäcke und liefen in die Stadt. Wir fanden nach einiger Suche die Bäckerei, die ich vom letzten Jahr in leckerer Erinnerung hatte und machten uns auf den Weg zum Busbahnhof. Die ersten 4 Km haben wir also gut überstanden und ich laufe zum ersten mal ohne Stock. Das ist äußerst ungewohnt und ich glaube ich muss das noch ändern.

Am Busbahnhof waren wir um kurz nach 9 Uhr und hatten die Wahl, bis 18 Uhr zu warten, um eine Direktverbindung nach Sarria zu bekommen oder nach Lugo zu fahren um dort umzusteigen.
Wir entschieden uns natürlich für den Bus um 11 Uhr nach Lugo und müssen dort schauen, wie wir weiterkommen. Am Schalter sagte man uns lediglich, da würde ein anderes Unternehmen fahren, er könne uns keine Auskunft geben. 9,45€ kostet die Fahrt nach Lugo.
Wir gönnten uns erst einmal eine Cola und wir vertrieben uns die Zeit im Internet.

Der Buswechsel in Lugo gestaltete sich äußers einfach: Einfach den anderen Pilgern hinterher, "Sarria?" sagen und mitlaufen. Der Bus stand schon bereit und für 3,70€ durften wir mitfahren.

In Sarria wurden wir von der Hitze überrascht. Hier war es deutlich sonniger und wärmer als in Santiago. Dann versuchten wir den Camino zu finden und scheiterten ein paar mal. Wir sind wahrscheinlich auf dem Zubringer von Samos gelandet, denn die Spanier versicherten uns, dass wir auf dem Camino de Santiago waren, aber wir sahen weder Pfeile noch erkannte ich irgendetwas wieder. Irgendwann kamen wir auf den rechten Weg und machten uns auf, die ersten 4,7km wirklich zu pilgern.

Der Weg war bekannt und schön, es war heiß und meine Luftröhre fühlte sich als hätte jemand ein Gummiband darumgeschnürt.
Es war dementsprechend anstrengender als es hätte sein müssen, aber auch nicht besonders schlauchend und wir haben das Tempo unseren gesundheitlichen Zuständen angepasst. Meine Freundin ist nämlich auch krank.

Schneller als erwartet erreichten wir Barbadelo und bekamen noch Plätze in der Herberge mit Pool.
Dort verbrachten wir dann auch den Rest des Tages, wo ich trotz Sonnencreme meinen Rücken etwas rot färbte.
Die Herberge ist total schön, mit "Strandbar" am Pool, Sonnenliegen und Wiesen.
Die Zimmer sind angenehm klein, die Duschen großartig und das Gelände einfach herrlich schön. 
Wir genossen den Nachmittag bei einem kühlen Bier und aßen zwischendurch Spaghetti Carbonara auf der Restaurantterrasse.
Was geht es uns gut!

Wir lernten die ersten Pilger kennen und ich merke, dass meine tätowierte Muschel am Bein mich als Nicht-Erstpilger enttarnt.
Schöner hätte der erste Tag nicht enden können.
Und morgen zeige ich meiner Freundin, dass es nicht immer so romantisch auf dem Weg zugeht!

Tag 1: Anreise zum Monte do Gozo

Nachdem wir gestern fast pünktlich am Flughafen Frankfurt Hahn angekommen sind, mussten wir noch gute 3 Stunden auf den Abflug warten. 
Wir haben uns, weil das Wetter total schön war und wir den Urlaub würdig beginnen wollten, erst einmal ein Eis gegönnt.  
Danach waren ein bisschen Geocachen und haben dann eingecheckt.
Unsere Rucksäcke wurden anstandslos ins Habdgepäck aufgenommen und dann ging es bald in die Luft.

Während meine Freundin bald die Welt durch die geschlossenen Augenlider betrachtete spielte ich mit einem etwa 2-jährigen Mädchen vor mir. Wir hatten zwar keine gemeinsame Sprache, aber mit Lächeln und Mimik versteht man sich auch so. 
Der Kurzen wurde es nicht langweilig mich links, rechts und über den Sitz hinweg zu suchen und sie schenkte mir schließlich ihr selbstbekritzeltes Minnie Mousebild.

In Santiago gelandet stiegen wir in den Bus und verliefen uns nur ein paar mal, bis wir es zur Herberge am Monte do Gozo schafften. 
Dort wurden wir freundlich empfangen und wurden in ein nicht besonders gut riechendes Zimmer geführt. Hier hatte ein Pilger seine ungewaschenen Socken über das Bettengeländer gehängt. 
Mir wäre zum Auslüften von Stinkesocken auch kein besserer Platz eingefallen...

Wir belegten schnell unsere Betten und machten uns auf zur Bar, da wir nicht mehr viel Zeit bis zum Zapfenstreich der Herberge hatten. Wir bestellten uns Pommes und ein herzlich kühles und frisch gezapftes Estrellabier und freuten uns nach der Anreise von über 14 Stunden endlich angekommen zu sein.

Heute Abend fühlte ich mich noch etwas fremd. Keine bekannten Gesichter, kein gemeinsames "Morgen sind wir da!"-Gefühl.Dennoch war sich ein Mitpilger sicher mir auf dem Norte begegnet zu sein. 

Viele Pilger humpelten braungebrannt und von Blasen geplagt durch die Flure und wir käsigen Deutschen spazierten herum. Unsere noch blasse Haut hat sicher bei einigen den Gedanken "Buspilger" ausgelöst.

Wir duschten und legten uns vor 23 Uhr zur Ruhe. Viel zu früh für uns. Ich hoffe ich kann schlafen, denn ich habe bestimmt noch etwas Fieber und meine Nase und der Husten stören mich enorm. 

Donnerstag, 25. Juni 2015

Tagebuch eines 100km-Pilgers

Vorab: Die fehlenden Artikel der letzten Reise kommen noch. Ich habe derzeit leider keinen Zugang zu meinen Bildern und kann somit nicht weiterschreiben.

Nun bin ich wieder auf dem Weg nach Spanien. Im Gepäck habe ich neben Scrat meine Freundin, die etwas Pilgerluft schnuppern und erfahren möchte, was ich am Pilgern so reizvoll finde.

Wir haben uns bewusst auf die Strecke ab Sarria geeinigt und ich werde nach dem Frances vor 3 Jahren und der langen Reise im letzten Sommer nun
erfahren wie man sich fühlt wenn man zu den berüchtigten 100km-Pilgern gehört.

Läuft man eine sehr weite Strecke wird man (natürlich zu Unrecht) vor Bewunderung fast bekniet.
Wie wird man wohl als Kurzstreckenpilger beäugt?
Wirklich so kritisch wie man es oft im Internet liest?
Die erste negative Erfahrung habe ich bereits gemacht, als mir vor wenigen Tagen von meiner Lieblingsherberge abgesagt wurde. 300km müssen es schon sein, um im Bett der wunderschönen Herberge zu landen.

Letzte Woche habe ich unsere Pilgerausweise in der Jakobikirche in Hamburg geholt, wurde sehr freundlich empfangen und habe noch einen persönlichen Pilgersegen bekommen.

Wir reisen von Hamburg mit der Bahn nach Koblenz, steigen dort in den Shuttlebus zum Flughafen und fliegen am späten Nachmittag von Frankfurt-Hahn aus nach Santiago.
Schlafen werden wir wahrscheinlich auf dem Monte de Gozo und morgen mit dem Bus nach Sarria fahren und einen Ort weiter (in Barbadelo) schlafen. Soweit die Planung, die jederzeit umgeworfen werden darf.
Nach unserer Ankunft in Santiago werden wir noch einige Tage am Meer verbringen. Ob wir dorthin laufen werden oder nicht haben wir offengelassen.

Unsere Rucksäcke wiegen beide inklusive Essen und Trinken um die 7kg, ein angenehmes Gewicht.
Wir können ja auf warme Kleidung verzichten, morgen sollen es 35 Grad werden.

Wir wollen es ganz gemütlich angehen, laufen auch mal entspannte Tagesetappen und lassen uns einfach treiben.
Wir müssen ja niemandem etwas beweisen.
Aber eines sind wir auf jeden Fall: Gespannt, was die Reise bringt!

Zum Bild: Scrat hat seinen eigenen Ausweis bekommen und der Flamingo meiner Freundin auch ;)